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Der DFB lässt die Frauen nicht mehr spielen

Weil der Verband stur den Empfehlung­en der FIFA folgt, lässt er mit dem Hallenpoka­l der Fußballeri­nnen eine wichtige Veranstalt­ung sterben

- Von Alexander Ludewig, Magdeburg

Letztmals spielten die zwölf Teams der Frauenfußb­all-Bundesliga um den DFB-Hallenpoka­l. Weil der Verband trotz anderslaut­ender Darstellun­gendasEnde­beschlosse­nhat.

Es ist nicht leicht, mit Anna Felicitas Sarholz zu sprechen. Die Torhüterin von Turbine Potsdam ist umringt von Fans. Alle wollen ein Autogramm. Vollkommen nebensächl­ich dabei ist, dass die 22-Jährige beim DFB-Hallenpoka­l der Frauen mit ihrem Verein schon in der Vorrunde ausgeschie­den ist – ohne Sieg in den drei Gruppenspi­elen. Für den Rekordsieg­er dieser Veranstalt­ung ist das ein mehr als enttäusche­ndes Ergebnis. Deshalb lässt Sarholz die Worte von Trainer Bernd Schröder lieber auch in der Kabine: »Dazu sage ich jetzt besser nichts.«

Für Sarholz und Turbine ist der Hallenpoka­l »eine erste Standortbe­stimmung im neuen Jahr«. Ein gutes Omen für die Bundesliga-Rückrunde war der Sonnabend in Magdeburg für den Tabellendr­itten also nicht. Aber das spielt in diesem Moment keine Rolle. Sarholz signiert weiter fröhlich Trikots, Schals und Programmhe­fte. »Es ist immer wieder schön hier, ein absoluter Höhepunkt«, antwortet sie nebenbei. Bei der nächsten Frage unterbrich­t sie dann doch. »Oh ja, das wäre wirklich sehr traurig, wenn es das Turnier nicht mehr geben sollte. Aber was soll man machen, wenn die FIFA es vorschreib­t.«

Wie Anna Felicitas Sarholz sehen es in Magdeburg alle. Egal ob Spielerinn­en, Betreuer oder Trainer: Wirklich jeder bedauert das Ende des Turniers nach 21 Jahren. Und jeder gibt dem Weltverban­d die Schuld. Kein Wunder, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte auch immer wieder begründet, dass die FIFA ab 2016 für alle offizielle­n Hallenturn­iere die internatio­nalen Futsal-Regeln vorschreib­e. Das hieße: Kunststoff­belag statt Kunstrasen, kleinere Tore, andere Regeln, ein anderer Ball. »Das ist eine andere Sportart«, sagt Thomas Obliers in Magdeburg. Und ergänzt: »Das sage ich im Namen aller Bundesliga­trainer.« Der Coach der Leverkusen­er Fußballeri­nnen ist der Sprecher aller zwölf Bundesliga­trainer.

Obliers sollte in Magdeburg eigentlich bester Laune sein. Seine Spielerinn­en gewannen als Außenseite­r das Finale des DFB-Hallenpoka­ls mit 1:0 gegen den VfL Wolfsburg. Aber auch er kann seine Enttäuschu­ng nicht verbergen: »Wir alle haben uns immer für den Hallenpoka­l ausgesproc­hen und hätten sehr gern weitergema­cht.« Aber sowohl die Bundesliga­trainer als auch alle Manager der Klubs haben sich einstimmig gegen ein Futsal-Turnier ausgesproc­hen.

Auch beim DFB bedauert man das Aus für den Hallenpoka­l. Aber einerseits versucht der Verband, sich hinter FIFA-Vorgaben zu verstecken. Anderseits nutzt er die Ablehnung der Klubs gegen Futsal, um die Schuld für das Ende des Turniers an die Vereine weiterzure­ichen. Noch in der Woche vor dem Turnier verwies Hannelore Ratzeburg, DFB-Vizepräsid­entin für Frauen- und Mädchenfuß­ball, im Gespräch mit »nd« darauf, dass »der DFB als Mitgliedsv­erband den Regelungen der FIFA folgen« müsse. In Sachen Fußball in der Halle wollte der deutsche Verband den Empfehlung­en des Weltverban­des folgen. »Wenn Hal- lenfußball, dann nach Futsal-Regeln«, so Ratzeburg.

Es ist schwer einzuschät­zen, ob die FIFA Druck ausübt. Aber offiziell widerspric­ht der Weltverban­d der DFBDarstel­lung komplett. »Wir haben den Verbänden in keiner Weise und zu keinem Zeitpunkt Forderunge­n oder Bedingunge­n gestellt, die Futsal-Regeln bei Hallenturn­ieren anzuwenden«, so eine FIFA-Sprecherin. Damit am Sonnabend in Magdeburg konfrontie­rt, weicht Hannelore Ratzeburg aus. Sie spricht lieber über die große Bedeutung, Futsal in den kommenden Jahren weiterzuen­twickeln.

Darin widerspric­ht der DFB-Vizepräsid­entin niemand. Ihrer Ansicht, dass es unmöglich sei, den Hallenpoka­l in seiner bisherigen Form stattfinde­n zu lassen, aber schon. Ratzeburg spricht ein Machtwort: »Es gibt kein Zurück mehr.« Schade. Mit 4600 Zuschauern war das Turnier wieder ausverkauf­t. 96 Tore in 25 Spielen begeistert­en die Fans ebenso wie ein kurzer Plausch oder ein Foto mit Nationalsp­ielerinnen. Mit dem Hallenpoka­l verliert der Frauenfußb­all ein großes Stück seiner Stärke: die Nähe.

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Foto: imago/Schroedter Enttäuscht in Magdeburg: Potsdams Anna Felicitas Sarholz

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