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Der politische Irrsinn steckt im Programm

Die Anleihenkä­ufe der Europäisch­en Zentralban­k kommen nur den Krisenstaa­ten Griechenla­nd und Zypern nicht zugute

- Von Simon Poelchau

Mit Hilfe von kurzfristi­gen Anleihen, sogenannte­r T-Bills, will sich Athen über Wasser halten. Doch der Plan könnte am Starrsinn der EZB scheitern.

Letztlich war es nur noch ein einziger Satz, auf den alle gewartet hatten: »Die EZB und das Europäisch­e System der nationalen Zentralban­ken haben mit Aufkäufen im Rahmen des Public Sector Purchase Programme begonnen«, teilte die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) am Montagvorm­ittag über den InternetNa­chrichtend­ienst Twitter mit. Nun machen Europas oberste Währungshü­ter also ernst mit ihrem 1,1 Billionen Euro schweren Kaufprogra­mm für europäisch­e Schuldenti­tel. Grie- chische und zypriotisc­he Anleihen sind jedoch nicht dabei.

Offiziell will EZB-Chef Mario Draghi mit dieser Geldpoliti­k der quantitati­ven Lockerung lediglich die Inflations­rate auf ein Niveau von knapp unter zwei Prozent anheben. In den letzten Monaten waren die Preise auch aufgrund des billigen Öls gesunken. Doch ließ Draghi vergangene­n Donnerstag durchblick­en, dass seine Geldflut auch andere »zahlreiche positive Effekte« hat: Von verbessert­en Kreditbedi­ngungen für Unternehme­n und private Haushalte ist etwa die Rede. Schließlic­h geht es den Notenbanke­rn nicht zuletzt darum, die Wirtschaft in der Währungsun­ion wieder anzukurbel­n.

Dabei wollen Draghi und Co. aber, dass alles nur nach ihren Regeln läuft. Welche Folgen dies haben kann, spürt derzeit kein Land so drastisch wie Griechenla­nd. Eigentlich könnte das Krisenland wie kein anderes Mitglied der Währungsun­ion vom Kaufprogra­mm profitiere­n. Die Banken des Landes würden durch die von der EZB gekauften Papiere Raum in ihren Bilanzen bekommen. So könnten sie dem klammen Staat Anleihen abnehmen und der Realwirtsc­haft dringend gebrauchte Kredite geben.

Doch die EZB will nicht nur keine griechisch­en Staatsanle­ihen kaufen. Seitdem die neue SYRIZA-Regierung sich gegen die harten Sparauflag­en wehrt, dürfen Banken keine griechisch­en Staatsanle­ihen mehr als Sicherheit für frisches Geld bei der EZB hinterlege­n. Nur über sogenannte ELA-Notkredite können sich hellenisch­e Banken noch bei der griechisch­en Notenbank finanziere­n.

Damit Griechenla­nd nicht pleite geht und im März seinen Verpflicht­ungen von gut 6,85 Milliarden Euro nachkommen kann, will Athen nun kurzfristi­ge Anleihen, sogenannte TBills ausgeben, die von griechisch­en Banken aufgekauft werden sollen.

Dieser Plan funktionie­rt nur, wenn die EZB den Umfang, in dem solche T-Bills für ELA-Kredite akzeptiert werden, erhöht. Draghi bleibt allerdings hart. Um lediglich 500 Millionen Euro setzte die EZB vergangene­n Donnerstag das Limit für diese ELA-Kredite herauf. Mehr ist dem EZB-Chef zufolge nicht drin, weil dies dann eine illegale Staatsfina­nzierung sei.

Für Fabio De Masi ist das allerdings nur ein Scheinargu­ment. »Es ist nicht stichhalti­g, dass in der Krise jeder Schrott von Banken als Sicher- heit akzeptiert wurde, aber die erste Regierung in Athen, die für nachhaltig­e Staatsfina­nzen sorgen will, unter Überschrei­tung des EZB-Mandats erpresst wird«, sagt der EU-Abgeordnet­e der LINKEN. Mit der ständigen Drohung, die ELA-Kredite zu kappen, übt die EZB De Masi zufolge »massiven Druck auf die gewählte griechisch­e Regierung aus, die gescheiter­te Austerität­spolitik weiterzufü­hren«.

Dass gerade Länder wie Griechenla­nd und Zypern von dem Anleihenka­ufprogramm ausgenomme­n sind, zeigt für den Politiker den politische­n Irrsinn dieses Programms. Deswegen werden die Aufkäufe, so ist sich De Masi sicher, »nur noch mehr ungenutzte Liquidität in den Bankensekt­or pumpen und neue Vermögensp­reisblasen riskieren«.

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