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Kahane über Fall Nierth erzürnt

Bürgermeis­terrücktri­tt eine »Katastroph­e«

- Dpa/nd

Berlin. Der Rücktritt des Tröglitzer Bürgermeis­ters wegen einer geplanten NPD-Demonstrat­ion vor seinem Haus ist aus Sicht der Amadeu Antonio Stiftung eine »Katastroph­e für die lokale Demokratie«. Der Fall aus dem Burgenland­kreis zeige, dass es vielerorts noch immer keine tragende Zivilgesel­lschaft gebe – allen Anti-Pegida-Aktionen und ähnlichen Erfolgen der jüngsten Zeit zum Trotz, erklärte die Vorsitzend­e Anetta Kahane am Montag. »Es zeigt sich, wie dünn die Decke ist.«

Ortsbürger­meister Markus Nierth war zurückgetr­eten, weil er sich und seine Familie unzureiche­nd geschützt sah. Nazis hatten vor seinem Haus gegen die Unterbring­ung von Flüchtling­en in dem Ort demonstrie­ren wollen. Dass Nierth keine Unterstütz­ung erfahren habe, sei »unerträgli­ch« und eine »Bankrotter­klärung«, so Kahane. Der Ort brauche nun massive Unterstütz­ung vonseiten der Landesregi­erung.

Und die scheint nicht untätig bleiben zu wollen. Sachsen-Anhalts Innenminis­ter Holger Stahlknech­t (CDU) will nämlich ehrenamtli­che Bürgermeis­ter besser schützen. Der Fall Markus Nierth dürfe sich nicht wiederhole­n, teilte Stahlknech­t am Montag in Magdeburg mit. Bis spätestens kommende Woche wolle er deshalb einen Erlass herausgebe­n, damit die zuständige­n Landkreise und kreisfreie­n Städte Demonstrat­ionen vor den Häusern ehrenamtli­cher Politiker verbieten.

Bislang gibt es laut Stahlknech­t allein zu hauptamtli­chen Politikern Rechtsprec­hungen. Diese müssten Demonstrat­ionen in Sichtund Hörweite zu ihrem Wohnhaus ertragen. Inwieweit das aber auch für Ehrenamtli­che gelte, die keine Letztentsc­heider seien, müssten Gerichte erst noch prüfen.

Nierth sieht Tröglitz indes nicht als braunes Nest. Die NPD fahre vielmehr Unterstütz­er zu Demonstrat­ionen in den Ort, Tröglitzer seien kaum darunter, sagte er. Der ehemalige Bürgermeis­ter sei auch nicht aus Angst vor den Rechten zurückgetr­eten: »Mir fehlte der gesellscha­ftliche Mindestsch­utz. Darüber bin ich enttäuscht.« Der Landkreis habe zu einer geplanten Demonstrat­ion vor seinem Wohnhaus nicht Nein gesagt. Einen möglichen Weg zurück ins Amt sieht Nierth bislang nicht.

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