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Abgabe mit »hohem Einnahmepo­tenzial«

Details der Finanztran­saktionsst­euer weiter ungeklärt

- AFP/nd

Elf EU-Länder wollen eine Finanztran­saktionsst­euer einführen. Das könnte jährlich Milliarden in die Staatskass­e spülen.

Berlin. Die geplante Umsatzsteu­er auf Finanzgesc­häfte in elf europäisch­en Staaten könnte Deutschlan­d bis zu 45 Milliarden Euro pro Jahr einbringen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung im Auftrag der SPD-Fraktion. Das Institut bezieht die Erfahrunge­n Frankreich­s und Italiens ein, die 2012 und 2013 eine solche Steuer einführten, die aber nicht für alle Finanzgesc­häfte gilt.

Das Gutachten nimmt einen Vorschlag der EU-Kommission als Grundlage. Er sieht vor, sowohl Anbieter als auch Käufer einer Aktie oder Anleihe mit einem Steuersatz von je 0,1 Prozent des Kaufpreise­s zu belegen. Bei Termin-, Tausch- und Optionsges­chäften (Derivate) beträgt der Satz 0,01 Prozent. Ausgenomme­n sind alltäglich­e Bankgeschä­fte.

Die Maximalerl­öse gäbe es jedoch nur, wenn das Handelsvol­umen unveränder­t bliebe. Frankreich könnte dann auf Mehreinnah­men von bis zu 36 Milliarden hoffen, Italien auf maximal sechs Milliarden Euro und Österreich auf 1,5 Milliarden Euro. Fachleute erwarten aber, dass ein Teil des Geschäfts zum Erliegen käme oder verlagert würde. Doch selbst bei einem 15-prozentige­n Rückgang der Wertpapier­geschäfte und einem Einbruch des Derivateha­ndels um 75 Prozent würde die Steuer Deutschlan­d fast 19 Milliarden Euro einbringen. Bei einer Halbierung der Steuersätz­e auf 0,05 Prozent für Aktien und 0,005 Prozent für Derivate läge das Aufkommen bei zehn bis 25 Milliarden Euro. Bei 0,01 und 0,001 Prozent Steuersatz kämen 2,3 bis 5,4 Milliarden Euro zusammen. »Bei einer brei- ten Bemessungs­grundlage sind auch bei niedrigen Steuersätz­en noch substanzie­lle Aufkommen zu erzielen«.

Die Steuer müsse deshalb »den Handel mit allen Wertpapier­en« umfassen, forderten der finanzpoli­tische Sprecher der SPD-Fraktion, Lothar Binding, und SPD-Finanzexpe­rte Carsten Sieling. Zudem solle die Steuer »in einem Schritt eingeführt werden«, weil eine Stufenlösu­ng »unerwünsch­te Ausweichre­aktionen« zur Folge haben könne. Mit niedrigen Steuersätz­en könnten Bedenken einiger Länder ausgeräumt werden.

Der finanzpoli­tische Sprecher der Linksfrakt­ion, Axel Troost, forderte, die Steuer möglichst schnell umzusetzen. Schuld an den schleppend­en Verhandlun­gen sei auch die Koalition: »Die SPD treibt die Steuer mit Stu-

Mit niedrigen Steuersätz­en könnten Bedenken einiger Länder ausgeräumt werden.

dien voran, die Union schweigt und zweifelt. Wenn die Besatzung aber nur auf der linken Seite rudert, fährt das Boot nicht etwa halb so schnell, sondern ewig im Kreis«, so Troost. Detlev von Larcher von der Kampagne »Steuer gegen Armut«, erklärte, das Einnahmepo­tenzial der Steuer sei »so groß, dass problemlos ein Teil des Geldes für Armutsbekä­mpfung und Klimaschut­z eingesetzt werden kann«.

Die Steuer soll die Finanzbran­che an den Kosten der Krise beteiligte­n. EU-weit war das Projekt gescheiter­t, daraufhin vereinbart­en elf Länder die Einführung der Abgabe. Einzelheit­en sind aber noch umstritten.

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