Die Mehrheit der Minderheit
In Oberhavel ist am Sonntag die Direktwahl eines Landrats am Quorum gescheitert. Bei einer Wahlbeteiligung von 20,7 Prozent scheiterte der Sieger an der Vorgabe, die Stimmen von mindestens 15 Prozent aller Wahlberechtigten zu erhalten. Seit 2010 sind acht von zehn Landratsdirektwahlen in Brandenburg an dieser Hürde gescheitert. Bei beinahe jedem misslungenen Versuch wurden Überlegungen laut, die Direktwahl wieder abzuschaffen. Stattdessen sollte der Landtag lieber das Quorum streichen. Mit dem Quorum macht er sich nur selbst lächerlich. Wieso?
Nehmen wir einmal an, in Brandenburg würde der Ministerpräsident nicht von den Koalitionsfraktionen gewählt, sondern direkt von den Bürgern. Setzten wir außerdem voraus, der Politiker Dietmar Woidke würde als Person in einem solchen Fall so viele Stimmen bekommen wie seine SPD zuletzt bei der Landtagswahl 2014. Es waren 315 202 Stimmen, die 31,9 Prozent der abgegebenen Stimmen entsprachen – bei einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von 47,9 Prozent. Die Zustimmung für Woidke, den immerhin mit Abstand beliebtesten und bekanntesten Politiker des Bundeslandes, hätte demnach ungefähr im kritischen Bereich von 15 Prozent aller Wahlberechtigten gelegen. Dieser Vergleich hinkt natürlich beträchtlich – nicht zuletzt, weil es bei der Landtagswahl keine Stichwahl der beiden bestplatzierten Parteien gegeben hat.
Trotzdem wird durch das Beispiel klar: Die Politik sollte sich damit abfinden, wenn nur wenige Bürger an Wahlen teilnehmen, und wenn diese wenigen Bürger dann entscheiden. Die Mehrheit der Minderheit – auch das ist Demokratie.