Vergeblich verhandelt
Die rot-rote Koalition lehnt die Volksinitiative »Stoppt Massentierhaltung!« ab
Die LINKE unterstützt die Volksinitiative gegen Massentierhaltung, wird ihr aber im Landtag nicht zustimmen. Die Grünen sind enttäuscht.
Am 18. März wird der Landtag die Volksinitiative gegen Massentierhaltung ablehnen. Darauf haben sich die Koalitionspartner SPD und LINKE verständigt. Sie haben bereits am 4. März im Agrarausschuss gegen die Initiative gestimmt, ebenso wie die Oppositionsfraktionen CDU und AfD.
»Insbesondere in der SPD-Fraktion scheint der Irrglaube vorzuherrschen, man könne das bei weiten Teilen der Verbraucher vorherrschende Bedürfnis nach unbelasteten Lebensmitteln, einer tiergerechteren Haltung und mehr Umweltschutz in der Lebensmittelproduktion einfach abbügeln«, kritisiert der Landtagsabgeordnete Benjamin Raschke (Grüne). »Die SPD mag sich mit diesem Agieren treu geblieben zu sein. Dass jedoch auch der linke Koaliti- onspartner hier so klaglos mitspielt, überrascht und enttäuscht mich«, sagt Raschke. Die LINKE »hätte hier sicherlich mehr heraushandeln können«, glaubt er.
»Das sehe ich anders. Wir haben wirklich gekämpft und auch etwas erreicht«, begegnet die Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann (LINKE) dem Vorwurf, ihre Partei sei wieder einmal eingeknickt.
Der Landtagsabgeordnete Thomas Domres (LINKE) beteuert, dass seine Partei ungeachtet ihres Abstimmungsverhaltens die Kritik der Volksinitiative an der intensiven Tierhaltung »sehr ernst« nehme. Dass die rotrote Koalition nicht untätig bleiben wird, belegt Domres mit der Ankündigung: »Tierhaltungsanlagen ohne Flächen für den Futteranbau sollen nicht mehr gefördert werden.« Damit würde die LINKE ein Wahlversprechen einlösen.
Auf einige weitere Schritte habe man sich mit der SPD aber nicht einigen können, bedauert Domres. Er nennt hier die Premiumförderung für Ställe mit hohen Tierwohlstandards und eine Obergrenze für die Tieranzahl pro Anlage.
Das daraus erst einmal nichts wird, beklagt auch die Bundestagsabgeordnete Tackmann. »Ich bin enttäuscht, dass man mit der SPD in dieser Sache nicht weiter gekommen ist«, sagt sie. Das habe sich aber schon in den Koalitionsverhandlungen angedeutet.
Nach der Ablehnung der Volksinitiative besteht die Möglichkeit, einen Volksentscheid anzustreben. Dafür müssten bei einem Volksbegehren 80 000 Unterschriften zusammenkommen. Diese Schwelle »ist sehr hoch«, sagt Initiativensprecher Jochen Fritz. »Aber den Kopf in den Sand stecken wollen wir auch nicht.« Ob die Initiatoren der Volksinitiative sich an ein Volksbegehren heranwagen, wollten sie am Montagabend diskutieren.
»Ich persönlich kann mir vorstellen, das Volksbegehren zu unterstützen«, sagt die Bundestagsabgeordnete Tackmann. Nach ihrer Auffassung würde sie der brandenburgischen Linksfraktion damit nicht in den Rücken fallen, ihr im Gegenteil »den Rücken stärken«.
Die bessere Behandlung der Nutztiere ist oft eine Kostenfrage. Ein moderner Stall mit mehr Platz für das einzelne Huhn, Rind oder Schwein muss sich rentieren. Der SPD-Landtagsabgeordnete und Landesbauernpräsident Udo Folgart fordert, dass sich die Diskussion um das Tierwohl stärker als bisher an den Realitäten der Märkte orientiert. Der CDU-Abgeordnete Andreas Gliese mahnt, die Wirtschaftlichkeit der Agrarbetriebe nicht zu gefährden.
Die Landwirte leiden unter dem Preisdiktat der Lebensmittelketten, bestätigt Kirsten Tackmann. »Reich werden Aldi und Lidl, nicht die Bauern«, erinnert die Politikerin. Ihrer Ansicht nach sollte es für Lebensmittel keine Sonderangebote geben. Lebensmittel sollten aber auch bezahlbar bleiben. Tackmann verweist auf das gute Beispiel einer Einzelhandelsfirma in den Niederlanden, die nur noch fair gehandelte Bananen verkauft – und den Preis stützt, indem sie auf ihren Profit verzichtet.