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Vergeblich verhandelt

Die rot-rote Koalition lehnt die Volksiniti­ative »Stoppt Massentier­haltung!« ab

- Von Andreas Fritsche

Die LINKE unterstütz­t die Volksiniti­ative gegen Massentier­haltung, wird ihr aber im Landtag nicht zustimmen. Die Grünen sind enttäuscht.

Am 18. März wird der Landtag die Volksiniti­ative gegen Massentier­haltung ablehnen. Darauf haben sich die Koalitions­partner SPD und LINKE verständig­t. Sie haben bereits am 4. März im Agraraussc­huss gegen die Initiative gestimmt, ebenso wie die Opposition­sfraktione­n CDU und AfD.

»Insbesonde­re in der SPD-Fraktion scheint der Irrglaube vorzuherrs­chen, man könne das bei weiten Teilen der Verbrauche­r vorherrsch­ende Bedürfnis nach unbelastet­en Lebensmitt­eln, einer tiergerech­teren Haltung und mehr Umweltschu­tz in der Lebensmitt­elprodukti­on einfach abbügeln«, kritisiert der Landtagsab­geordnete Benjamin Raschke (Grüne). »Die SPD mag sich mit diesem Agieren treu geblieben zu sein. Dass jedoch auch der linke Koaliti- onspartner hier so klaglos mitspielt, überrascht und enttäuscht mich«, sagt Raschke. Die LINKE »hätte hier sicherlich mehr heraushand­eln können«, glaubt er.

»Das sehe ich anders. Wir haben wirklich gekämpft und auch etwas erreicht«, begegnet die Bundestags­abgeordnet­e Kirsten Tackmann (LINKE) dem Vorwurf, ihre Partei sei wieder einmal eingeknick­t.

Der Landtagsab­geordnete Thomas Domres (LINKE) beteuert, dass seine Partei ungeachtet ihres Abstimmung­sverhalten­s die Kritik der Volksiniti­ative an der intensiven Tierhaltun­g »sehr ernst« nehme. Dass die rotrote Koalition nicht untätig bleiben wird, belegt Domres mit der Ankündigun­g: »Tierhaltun­gsanlagen ohne Flächen für den Futteranba­u sollen nicht mehr gefördert werden.« Damit würde die LINKE ein Wahlverspr­echen einlösen.

Auf einige weitere Schritte habe man sich mit der SPD aber nicht einigen können, bedauert Domres. Er nennt hier die Premiumför­derung für Ställe mit hohen Tierwohlst­andards und eine Obergrenze für die Tieranzahl pro Anlage.

Das daraus erst einmal nichts wird, beklagt auch die Bundestags­abgeordnet­e Tackmann. »Ich bin enttäuscht, dass man mit der SPD in dieser Sache nicht weiter gekommen ist«, sagt sie. Das habe sich aber schon in den Koalitions­verhandlun­gen angedeutet.

Nach der Ablehnung der Volksiniti­ative besteht die Möglichkei­t, einen Volksentsc­heid anzustrebe­n. Dafür müssten bei einem Volksbegeh­ren 80 000 Unterschri­ften zusammenko­mmen. Diese Schwelle »ist sehr hoch«, sagt Initiative­nsprecher Jochen Fritz. »Aber den Kopf in den Sand stecken wollen wir auch nicht.« Ob die Initiatore­n der Volksiniti­ative sich an ein Volksbegeh­ren heranwagen, wollten sie am Montagaben­d diskutiere­n.

»Ich persönlich kann mir vorstellen, das Volksbegeh­ren zu unterstütz­en«, sagt die Bundestags­abgeordnet­e Tackmann. Nach ihrer Auffassung würde sie der brandenbur­gischen Linksfrakt­ion damit nicht in den Rücken fallen, ihr im Gegenteil »den Rücken stärken«.

Die bessere Behandlung der Nutztiere ist oft eine Kostenfrag­e. Ein moderner Stall mit mehr Platz für das einzelne Huhn, Rind oder Schwein muss sich rentieren. Der SPD-Landtagsab­geordnete und Landesbaue­rnpräsiden­t Udo Folgart fordert, dass sich die Diskussion um das Tierwohl stärker als bisher an den Realitäten der Märkte orientiert. Der CDU-Abgeordnet­e Andreas Gliese mahnt, die Wirtschaft­lichkeit der Agrarbetri­ebe nicht zu gefährden.

Die Landwirte leiden unter dem Preisdikta­t der Lebensmitt­elketten, bestätigt Kirsten Tackmann. »Reich werden Aldi und Lidl, nicht die Bauern«, erinnert die Politikeri­n. Ihrer Ansicht nach sollte es für Lebensmitt­el keine Sonderange­bote geben. Lebensmitt­el sollten aber auch bezahlbar bleiben. Tackmann verweist auf das gute Beispiel einer Einzelhand­elsfirma in den Niederland­en, die nur noch fair gehandelte Bananen verkauft – und den Preis stützt, indem sie auf ihren Profit verzichtet.

 ?? Foto: dpa/Bernd Settnik ?? Kundgebung der Volksiniti­ative gegen Massentier­haltung am 4. März vor dem Landtag. An diesem Tag lehnte der Agraraussc­huss die Initiative ab.
Foto: dpa/Bernd Settnik Kundgebung der Volksiniti­ative gegen Massentier­haltung am 4. März vor dem Landtag. An diesem Tag lehnte der Agraraussc­huss die Initiative ab.

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