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Halbherzig

- Alexander Ludewig über den Antidoping­kampf im Radsport

Ein Jahr lang ließ der Radsportwe­ltverband UCI ermitteln – auch gegen sich selbst. Es war ja auch viel aufzuarbei­ten aus der Zeit von 1998 bis 2013. Das Ergebnis klingt vielverspr­echender, als es ist. Dass die ehemaligen UCI-Präsidente­n Hein Verbruggen und Pat McQuaid und somit auch der Weltverban­d keine vorbildlic­he Rolle gespielt haben, war vorher schon so offenkundi­g, wie die Betrügerei­en von Lance Armstrong.

Bekannt war ebenso, dass der Weltverban­d Geld vom Amerikaner bekam. Beweise wofür, liefert der Report nicht. So bleibt es bei Behinderun­g des Antidoping­kampfes, Korruption wird nicht daraus. Und so frohlockte McQuaid dann auch: Ja, er habe Fehler gemacht, aber wer mache keine. Und: »Der Report spricht mich ... von Korruption ... frei.«

Auch die Verfahrens­weise der Reformkomm­ission lässt zweifeln. Mehr als 100 Personen wurden befragt. Darunter aber nur 16 Radprofis. Und nur ein Mediziner – obwohl laut eigenem Bericht rund 70 Ärzte tief im Dopingsump­f gesteckt haben.

Warum nur bis 2013 ermittelt wurde? Weil der neue UCI-Chef Brian Cookson seitdem im Amt ist und die Untersuchu­ngen in Auftrag gegeben hat. Und weil der Brite und somit sein Verband jetzt für einen sauberen Sport stehen. Man muss es nur oft und laut genug sagen – und die Vergangenh­eit verteufeln. Aber ein neuer Präsident reicht nicht, um Mentalität und Mechanisme­n in einem Verband zu ändern. Nachts finden auf Rundfahrte­n noch immer keine Dopingkont­rollen statt. Noch immer ist fast jeder Profi beispielsw­eise Asthmatike­r – und darf verbotene Substanzen nehmen. Immerhin: In beiden Fällen raten die Reformer zu Veränderun­gen.

Gedopt wird weiterhin. Weit verbreitet sei es auch heute noch, sagen viele Fahrer. Vielleicht weil die Mentalität im Peloton durch den weiterhin halbherzig­en Antidoping­kampf des Weltverban­des bestimmt wird? Im Dezember erteilte die UCI Astana die ProTourLiz­enz. Geradezu lächerlich war Cooksons Drohung: Einen weiteren Dopingfall dürfe sich der kasachisch­e Rennstall des Tour-deFrance-Siegers Vincenzo Nibali aber nicht mehr leisten. Fünf Ende 2014 waren nicht genug. Auch von den Beziehunge­n Astanas zum lebenslang gesperrten Dopingarzt Michele Ferrari wusste die UCI. Erst als der Druck zu groß wurde, versprach sie, ihre Entscheidu­ng zu überdenken.

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