Die Freuden des gebrannten Kindes
Deutscher Olympischer Sportbund gibt trotz Umfrageplus für Hamburg auch Berlin noch eine Chance auf die Spiele
Die Ergebnisse eine repräsentativen Olympiabefragung wurden sehnsüchtig erwartet. Viel schlauer ist man mit ihnen immer noch nicht.
So viel Lärm wurde selten um eine Meinungsumfrage gemacht, so viele Medienvertreter pilgerten auch selten zuvor in jenes Gewerbegebiet der hessischen Kleinstadt Neu-Isenburg, in dem derzeit das Haus des Sportes gastiert. Dorthin hatte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am Dienstagnachmittag gebeten, um die Ergebnisse seiner Erhebung bekanntzugeben. Die Hamburger und Berliner, so hatten die Meinungsforscher von Forsa demnach im Februar herausgefunden, freunden sich immer mehr mit Olympischen Sommerspielen 2024 in ihrer Stadt an. Die Hamburger jedoch deutlich mehr.
»In Hamburg sprechen sich 64, in Berlin 55 Prozent der Bürger für eine Bewerbung ihrer Stadt aus. In beiden Städten ist der Anteil der Befürworter seit Herbst gestiegen – in Hamburg um elf, in Berlin um sieben Prozentpunkte«, sind die wichtigsten Resultate der Befragung. Der Vorsprung der Hanseaten ist nochmals gewachsen. Warum also das ganze Trara?
Die Antwort findet sich in München. Vor genau 16 Monaten hatten die Bürger von vier bayerischen Gemeinden eine Bewerbung für die Winterspiele 2022 abgelehnt. Der DOSB ist also ein gebranntes Kind, und will eine weitere Niederlage unbedingt verhindern. Da Berlin und Hamburg vor einer DOSB-Entscheidung für eine von beiden Städten noch kein Referendum durchführen wollten, musste die Umfrage her.
Aus der geht Hamburg eindeutig als Punktsieger hervor, auch wenn sich die Berliner noch Hoffnungen machen können. Immerhin gibt es auch in der Hauptstadt mittlerweile eine Mehrheit für das Projekt. Ob sie dem DOSB-Präsidium reicht, ist jedoch fraglich. Die Fehlertoleranz der Werte liegt bei 2,5 Prozent. Besonders weit von einer zweiten Pleite entfernt wäre der DOSB mit den Berlinern also immer noch nicht. »Die Befragung ist von großer Bedeutung, aber nicht alles entscheidend«, hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann zuvor erklärt. »Die Frage ist: Wo haben wir die größere Sicherheit, dass uns Alfons Hörmann, DOSB-Präsident nicht ein zweites München passiert.« Am Dienstag klang das dann schon etwas anders: »Die Umfrage ist ein Kriterium. Die absoluten Höhen spielen eine Rolle, der Abstand und die Entwicklung auch.« Nun müssten alle Experten, mit denen bis zum kommenden Montag diskutiert wird, die Ergebnisse reflektieren. Am 16. März wird das Präsidium eine Empfehlung abgeben, die die Mitgliederversammlung fünf Tage später dann durchwinken wird.
»Rein faktisch kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen, in der Frage der Unterstützung hat Hamburg einen Vorteil. Aber Berlin hat sich auf den Weg gemacht«, drückte sich Hörmann um eine klare Antwort nach einer Vorentscheidung. »Erfreulich für uns ist, dass es in beiden Städten eine positive Entwicklung gibt.« Es hätte Konstellationen für eine Vorentscheidung geben können, so Hörmann. »Dieses Ergebnis lässt dies aber noch nicht zu. Es wird keine leichte Entscheidung.«
Die Umfrage ist laut DOSB eins von zehn Kriterien bei der Entscheidung für eine Bewerberstadt. Andere sind die Unterbringungskapazitäten oder die internationale Wettbewerbsfähigkeit, in denen Berlin wiederum besser abschneiden dürfte. Wie wichtig welches Kriterium am Ende sei, habe man nicht festlegen wollen. »Das Präsidium hat von einer Gewichtung der Kriterien abgesehen«, sagte DOSB-Vorstandsmitglied Bernhard Schwank, da den folgenden Diskussionen nicht vorgegriffen werden soll.
Am Sonntag trifft sich das DOSBPräsidium zunächst mit den Spitzensportverbänden, am Montag mit Experten aus allen Teilen der Gesellschaft. Hier seien laut Schwank auch Fachleute dabei, die Schätzungen abgeben können über Zahlen, die noch gar nicht bekannt sind, etwa für Ausgaben für Infrastrukturmaßnahmen, die in Hamburg höher ausfallen dürften als in Berlin. Bei den Sportverbänden könnte Berlin im Vorteil sein, die Liste der so genannten Experten wird erst kurz vor dem Treffen veröffentlicht, um jegliche Einflussnahme auszuschließen.
Ob Berlin oder Hamburg entscheiden am Montag nicht mehr als acht DOSB-Granden. Ob Olympia dort dann auch gewollt wird, dann aber doch noch mal die Bürger. Im Herbst steht ein Referendum an. Nur weiß noch niemand genau, in welcher Stadt.
»Faktisch kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen: Hamburg hat einen Vorteil.«