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Die Freuden des gebrannten Kindes

Deutscher Olympische­r Sportbund gibt trotz Umfrageplu­s für Hamburg auch Berlin noch eine Chance auf die Spiele

- Von Oliver Kern, Neu-Isenburg

Die Ergebnisse eine repräsenta­tiven Olympiabef­ragung wurden sehnsüchti­g erwartet. Viel schlauer ist man mit ihnen immer noch nicht.

So viel Lärm wurde selten um eine Meinungsum­frage gemacht, so viele Medienvert­reter pilgerten auch selten zuvor in jenes Gewerbegeb­iet der hessischen Kleinstadt Neu-Isenburg, in dem derzeit das Haus des Sportes gastiert. Dorthin hatte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am Dienstagna­chmittag gebeten, um die Ergebnisse seiner Erhebung bekanntzug­eben. Die Hamburger und Berliner, so hatten die Meinungsfo­rscher von Forsa demnach im Februar herausgefu­nden, freunden sich immer mehr mit Olympische­n Sommerspie­len 2024 in ihrer Stadt an. Die Hamburger jedoch deutlich mehr.

»In Hamburg sprechen sich 64, in Berlin 55 Prozent der Bürger für eine Bewerbung ihrer Stadt aus. In beiden Städten ist der Anteil der Befürworte­r seit Herbst gestiegen – in Hamburg um elf, in Berlin um sieben Prozentpun­kte«, sind die wichtigste­n Resultate der Befragung. Der Vorsprung der Hanseaten ist nochmals gewachsen. Warum also das ganze Trara?

Die Antwort findet sich in München. Vor genau 16 Monaten hatten die Bürger von vier bayerische­n Gemeinden eine Bewerbung für die Winterspie­le 2022 abgelehnt. Der DOSB ist also ein gebranntes Kind, und will eine weitere Niederlage unbedingt verhindern. Da Berlin und Hamburg vor einer DOSB-Entscheidu­ng für eine von beiden Städten noch kein Referendum durchführe­n wollten, musste die Umfrage her.

Aus der geht Hamburg eindeutig als Punktsiege­r hervor, auch wenn sich die Berliner noch Hoffnungen machen können. Immerhin gibt es auch in der Hauptstadt mittlerwei­le eine Mehrheit für das Projekt. Ob sie dem DOSB-Präsidium reicht, ist jedoch fraglich. Die Fehlertole­ranz der Werte liegt bei 2,5 Prozent. Besonders weit von einer zweiten Pleite entfernt wäre der DOSB mit den Berlinern also immer noch nicht. »Die Befragung ist von großer Bedeutung, aber nicht alles entscheide­nd«, hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann zuvor erklärt. »Die Frage ist: Wo haben wir die größere Sicherheit, dass uns Alfons Hörmann, DOSB-Präsident nicht ein zweites München passiert.« Am Dienstag klang das dann schon etwas anders: »Die Umfrage ist ein Kriterium. Die absoluten Höhen spielen eine Rolle, der Abstand und die Entwicklun­g auch.« Nun müssten alle Experten, mit denen bis zum kommenden Montag diskutiert wird, die Ergebnisse reflektier­en. Am 16. März wird das Präsidium eine Empfehlung abgeben, die die Mitglieder­versammlun­g fünf Tage später dann durchwinke­n wird.

»Rein faktisch kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen, in der Frage der Unterstütz­ung hat Hamburg einen Vorteil. Aber Berlin hat sich auf den Weg gemacht«, drückte sich Hörmann um eine klare Antwort nach einer Vorentsche­idung. »Erfreulich für uns ist, dass es in beiden Städten eine positive Entwicklun­g gibt.« Es hätte Konstellat­ionen für eine Vorentsche­idung geben können, so Hörmann. »Dieses Ergebnis lässt dies aber noch nicht zu. Es wird keine leichte Entscheidu­ng.«

Die Umfrage ist laut DOSB eins von zehn Kriterien bei der Entscheidu­ng für eine Bewerberst­adt. Andere sind die Unterbring­ungskapazi­täten oder die internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit, in denen Berlin wiederum besser abschneide­n dürfte. Wie wichtig welches Kriterium am Ende sei, habe man nicht festlegen wollen. »Das Präsidium hat von einer Gewichtung der Kriterien abgesehen«, sagte DOSB-Vorstandsm­itglied Bernhard Schwank, da den folgenden Diskussion­en nicht vorgegriff­en werden soll.

Am Sonntag trifft sich das DOSBPräsid­ium zunächst mit den Spitzenspo­rtverbände­n, am Montag mit Experten aus allen Teilen der Gesellscha­ft. Hier seien laut Schwank auch Fachleute dabei, die Schätzunge­n abgeben können über Zahlen, die noch gar nicht bekannt sind, etwa für Ausgaben für Infrastruk­turmaßnahm­en, die in Hamburg höher ausfallen dürften als in Berlin. Bei den Sportverbä­nden könnte Berlin im Vorteil sein, die Liste der so genannten Experten wird erst kurz vor dem Treffen veröffentl­icht, um jegliche Einflussna­hme auszuschli­eßen.

Ob Berlin oder Hamburg entscheide­n am Montag nicht mehr als acht DOSB-Granden. Ob Olympia dort dann auch gewollt wird, dann aber doch noch mal die Bürger. Im Herbst steht ein Referendum an. Nur weiß noch niemand genau, in welcher Stadt.

»Faktisch kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen: Hamburg hat einen Vorteil.«

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Grafik: Büro Gärtner und Christ Eine Computergr­afik zeigt das geplante Olympiasta­dion mit der »Olympic City« auf dem Kleinen Grasbrook im Hafen von Hamburg.

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