nd.DerTag

Nazis auf dem Vormarsch

Bestürzung über Tröglitz/ Neuer Vorfall in Dortmund

- Von Clemens Mieth

Als Reaktion auf den Rücktritt des Bürgermeis­ters von Tröglitz in Sachsen-Anhalt, Markus Nierth (CDU), wegen der Bedrohunge­n durch Nazis drückten Spitzenpol­itiker der Parteien ihre tiefe Bestürzung über den Fall aus und fordern Konsequenz­en. Der Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, kritisiert zudem die Entsolidar­isierung: »Erst als ihm Mitglieder des Ortsrates in den Rücken gefallen sind, als der Gemeindebü­rgermeiste­r keinerlei Unterstütz­ung geleistet hat und die Landkreisv­erwaltung eine von der NPD angemeldet­e Kundgebung vor seinem Wohnhaus genehmigt hatte, erklärte er die Niederlegu­ng seines Amtes als Ortsbürger­meister.« Nierth hatte sich monatelang für die geplante Aufnahme von Flüchtling­en eingesetzt. Der Kreistag des Burgenland­kreises beschloss unterdesse­n am Montagaben­d, in Tröglitz 40 Asylbewerb­er unterzubri­ngen.

Auch wird die Forderung nach mehr Nachdruck beim NPD-Verbotsant­rag wieder laut. »Der Rückzug des Bürgermeis­ters von Tröglitz zeigt einmal mehr, dass an einzelnen Orten Deutschlan­ds der rechte Mob samt seinen bürgerlich­en Mitläufern längst in der Lage ist, die demokratis­che Alltagskul­tur zu kippen und durch Hass und Gewaltandr­ohungen die Stimmung zu dominieren«, erklärte der Vize-Exekutivpr­äsident des Internatio­nalen Auschwitz-Komitees, Christoph Heubner.

Sachsen-Anhalts Innenminis­ter Holger Stahlknech­t (CDU) plant als Konsequenz eine Verordnung zum besseren Schutz von ehrenamtli­chen Politikern. Der Erlass soll Kommunen die Möglichkei­t einräumen, Versammlun­gen in Hör- und Sichtweite von Wohngrunds­tücken Ehrenamtli­cher zu verbieten.

Laut Auskunft der Mobilen Opferberat­ung in Sachsen-Anhalt, bleibt rassistisc­he Gewalt in dem Land auf einem hohen Niveau. Im vergangene­n Jahr wurden jede Woche zwei rechte Gewalttate­n registrier­t. Die Jahresbila­nz weist 103 solcher Fälle mit 140 direkt Betroffene­n aus.

Im Hinblick auf die vermehrten Übergriffe auf Politiker von rechts erklärte Alexander Häusler vom Forschungs­schwerpunk­t Rechtsextr­emismus der Fachhochsc­hule Düsseldorf: »Es ist kein Einzelfall, allerdings ist es insofern ein herausrage­ndes Beispiel, weil hier ein Bürgermeis­ter tatsächlic­h zurückgetr­eten ist.«

Eine weiterer Vorfall mit rechtem Hintergrun­d sorgt derweil in Dortmund für Aufsehen. Hier wurde ein Journalist mit Steinen beworfen. Nach Aussagen des Blogs »Ruhrbarone« habe der freie Journalist Marcus Arndt vor der Tat eine Neonazi-Kundgebung in Derne besucht. Bereits auf dem Weg zur U-Bahn fühlte sich Arndt verfolgt, heißt es im Polizeiber­icht zu dem Vorfall. Auf einem Gehweg bemerkte der 43-Jährige dann, wie von hinten in seine Richtung mit Steinen geworfen wurde. Zwei der Steine trafen den Dortmunder am Oberkörper, einer am Kopf. Die beiden Unbekannte­n bedrohten den Dortmunder dabei auch mit dem Tode. Daraufhin zog der Geschädigt­e eine Schrecksch­usswaffe und richtete sie auf seine Angreifer. Diese flüchteten daraufhin in unbekannte Richtung. Die Polizei geht davon aus, »dass dieser Vorfall im Gesamtzusa­mmenhang der fortgesetz­ten Einschücht­erungen und Bedrohunge­n von Journalist­en, politisch Aktiven und anderen Dortmunder­n durch Rechtsextr­emisten in den letzten Monaten zu sehen ist.«

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