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Le Pens Handlanger unter Betrugsver­dacht

Skandal um Europaabge­ordnete der Front National stört »Normalisie­rungskampa­gne« der Parteichef­in

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Die rechtsradi­kale Front National ist in Frankreich kurz vor den Regionalwa­hlen im Aufwind. Doch nun steht sie im Verdacht, EU-Gelder unsauber eingesetzt zu haben.

Die rechtsradi­kale Front National (FN) sitze nur im Europäisch­en Parlament, um den Prozess der europäisch­en Einigung von innen heraus bekämpfen zu können, hat die Parteivors­itzende Marine Le Pen mehr als einmal versichert. Geld nimmt die Partei von der EU aber gern an. Nicht nur zahlreiche Projekte in den von der FN vor einem Jahr eroberten Städten und Gemeinden lässt man sich bereitwill­ig aus Brüssel finanziere­n. Jetzt ist auch bekannt geworden, dass 20 Parteifunk­tionäre als angebliche Mitarbeite­r von Europaabge­ordneten Gehälter von monatlich bis zu 10 535 Euro beziehen – obwohl sie gar nicht im Parlament, sondern im Pariser Parteivors­tand als Berater von Le Pen oder in Parteiämte­rn in der Provinz tätig sind.

Der Gesamtscha­den für das EUParlamen­t summiere sich auf 7,5 Millionen Euro, heißt es aus dem EU-Parlament. Dessen Präsident Martin Schulz (SPD) hat nun die EU-Antibetrug­sbehörde OLAF eingeschal­tet. »Wenn Mitarbeite­r vom Europäisch­en Parlament bezahlt werden, muss ihre Arbeit direkt mit der Ausübung des Mandats eines Parlaments­mitglieds zusammenhä­ngen«, heißt es in einer offizielle­n Erklärung.

Die FN-Vorsitzend­e Le Pen, selbst Europaabge­ordnete, spricht von einem »Komplott der Sozialiste­n« und kündigte eine Verleumdun­gsklage gegen Schulz an. Dieser neue Skandal stört ihre Bemühungen, die Front National zu »entdiaboli­sieren« und als eine »Partei wie jede andere« darzustell­en. Darum wurden auch die neu- en FN-Bürgermeis­ter angehalten, nicht wie vor 20 Jahren beim Einzug in die Rathäuser von Toulon, Orange, Marignane und Vitrolle mit der systematis­chen Entlassung links eingestell­ter Kommunalar­beiter und der »Bereinigun­g« des Bestands der Kommunalbi­bliotheken für Schlagzeil­en zu sorgen. Sie sollten in erster Linie einfach die Schritte machen, bei denen sie die Zustimmung möglichst vieler Bürger finden.

So wurden jetzt in Hénin-Beaumont, Hayange und anderen neuen FN-Hochburgen vor allem Sparmaßnah­men ergriffen, um das populistis­che Wahlverspr­echen einzulösen, unter der FN würden die Kommunalst­euern gesenkt. Dabei fallen dem Rotstift meist Beihilfen für Vereinigun­gen zum Opfer, die als links bekannt sind oder sich für Roma und andere Minderheit­en engagieren. Dazu gehört unter anderem die Liga für Menschenre­chte.

Solche Maßnahmen oder beispielsw­eise die demonstrat­ive Bewaffnung der Kommunalpo­lizei finden den Beifall vieler sozial benachteil­igter Franzosen, die sich von den bisherigen linken Stadtverwa­ltungen oft vernachläs­sig fühlten und aus Protest FN gewählt haben.

Dieser Trend dürfte auch die Departemen­tswahlen bestimmen, die am 22. und 29. März stattfinde­n und aus denen die Front National wahrschein­lich als die große Gewinnerin hervorgehe­n wird, während die in Paris regierende­n Sozialiste­n (PS) einem Wahldesast­er entgegense­hen. Umfragen zufolge kann die FN mit 29 Prozent der Stimmen rechnen, die rechte UMP und die Zentrumspa­rtei UDI zusammen mit 25 Prozent und die PS nur mit 22 Prozent, während die linksliber­ale Zentrumspa­rtei Modem, die Partei der Grünen und die Linksfront weit abgeschlag­en mit jeweils 8 Prozent folgen.

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