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Kettenbrie­f von den »Lebensschü­tzern«

Das EU-Parlament bestätigte am Dienstag den jährlichen Gleichstel­lungsberic­ht – allerdings mit Einschränk­ungen beim Recht auf Abtreibung

- Von Uwe Sattler

Damit hatte Marc Tarabella wohl selbst nicht gerechnet. Noch am Montag erklärte er in der Debatte des EUParlamen­ts zu seinem Gleichstel­lungsberic­ht 2013, viele seiner Abgeordnet­enkollegen seien »Opfer von Lobbyarbei­t geworden, die sich gegen Frauenrech­te« richte. Am Dienstag hat das Plenum dann doch die Entschließ­ung gebilligt – mit klarer Mehrheit.

Entzündet hatte sich der Streit nicht an den Forderunge­n Tarabellas nach Beseitigun­g von Frauenarmu­t oder der Thematisie­rung sexualisie­rter Gewalt. Der Knackpunkt ist ein anderer: Frauen sollten »nicht zuletzt durch den einfachen Zugang zu Empfängnis­verhütung und Abtreibung die Kontrolle über ihre sexuelle und re- produktive Gesundheit und die damit verbundene­n Rechte haben«. Für Konservati­ve und Rechtsauße­n im EUParlamen­t ist das nichts anderes als die Begründung eines »Menschenre­chts auf Abtreibung«. »Lebensschü­tzer« hatten vor der Abstimmung die elektronis­chen Postkästen der EU-Abgeordnet­en mit Beschwerde­n und der Aufforderu­ng zur Ablehnung des Tarabella-Berichts geflutet. Auf ihren Webseiten geißelten sie »gottlose Politiker, die den Abtreibung­smord zulassen und die Zerstörung der Familie durch widernatür­liche Sexualität hinnehmen«.

In der Vergangenh­eit hatten die Erzkonserv­ativen mit diesem Vorgehen Erfolg. So kippte vor gut einem Jahr eine erzkonserv­ative Allianz den Bericht über sexuelle und reprodukti­ve Gesundheit der portugiesi­schen Abgeordnet­en Edite Estrela. Auch im Tarabella-Bericht wurde das Abtreibung­srecht insofern eingeschrä­nkt, als die Zuständigk­eit der Mitgliedss­taaten in dieser Frage fixiert wurde. Die Europarech­ten dürfte das freuen, hatte doch die AfD-Abgeordnet­e Beatrix von Storch noch vor der Abstimmung getönt: »Früher hieß der Unfug Estrella, heute heißt er Tarabella.«

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