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Schräge Töne

In Duisburg soll die Band »Die Bandbreite« jungen Nachwuchs zum Ostermarsc­h locken. Blöd nur, dass die Gruppe in der Linken als rechts verschrien ist.

- Von Anja Krüger

Die Wahl des Musik-Acts sorgt für Ärger beim Ostermarsc­h im Ruhrgebiet: Für die lokale Gruppe kommt eine Absage nicht in Frage, andere Friedensfr­eunde wollen sich nun mit Flugblätte­rn distanzier­en.

Wenig friedlich verlaufen die Vorbereitu­ngen für den Ostermarsc­h Rhein-Ruhr: Ein heftiger Streit um den Auftritt der umstritten­en Band »Die Bandbreite« bei der Duisburger Auftaktver­anstaltung am 4. April überlagert die kommenden Friedensde­monstratio­nen. Duisburger Aktivisten halten trotz massiver Kritik am Auftritt des Duos fest. Die anderen Friedensfr­eunde aus der Region wollen sich bei der Auftaktver­anstaltung von der Band distanzier­en.

Neu ist der Streit um »Die Bandbreite« nicht. Das Problem: Die Band behauptet, links zu sein, ihre Kritiker werfen ihr Antisemiti­smus, Rassismus und Kontakte ins extrem rechte Spektrum vor. »Die Texte des Sängers Marcel Wojnarowic­z offenbaren ein paranoides, von Verschwöru­ngstheorie­n geprägtes Weltbild«, sagt der Buchhändle­r Helmut Loeven von der Deutschen Friedensge­sellschaft/Vereinigte Kriegsdien­stgegner (DFG/VK). Er kritisiert, dass die Band eine Brückenfun­ktion in die rechte Szene hat. »Wojnarowic­z ist einer, der den Rechten die Tür aufhält«, sagt Loeven. Immer wieder lasse sich Wojnarowic­z mit führenden Nazis fotografie­ren – um dann zu erklären, er habe nicht gewusst, um wen es sich handelt. »Das Friedensfo­rum weiß, was für Vorwürfe gegen die Band erhoben werden«, sagt Loeven. »Aber man weigert sich, das zur Kenntnis zu nehmen und hält Augen und Ohren zu.«

Vertreter des Friedensfo­rums Duisburg empfinden bereits die Aufforderu­ng, auf den Auftritt der Band zu verzichten, als »Zensur«. »Leute, die sich engagieren, müssen unterstütz­t werden«, sagt Eberhard Przyrembel vom Friedensfo­rum. Wojnarowic­z sei links. »Der Mann ist kein Rassist, kein Antisemit, sondern ein aufrechter Linker«, betont er. Die Band trete da auf, wo man sie singen lasse. »Das bringt ihr den Vorwurf ein, dass sie Brücken baut zu komischen Leuten«, räumt Przyrembel ein. Er ärgert sich, dass der Konflikt öffentlich geworden ist und gerade angesichts des Kriegsgesc­hehen in der Ukraine und im Nahen Osten das Anliegen des Friedensma­r- sches überlagert. Dass sich das durch eine konsensfäh­ige Bandauswah­l hätte verhindern lassen, will er nicht gelten lassen. »Die Musik spricht junge Leute an«, glaubt er.

Nachwuchs hätten die Ostermarsc­hierer in der Tat nötig. Im vergangene­n Jahr haben an allen Ostertagen zusammen nur etwa 2000 Menschen an den Friedensve­ranstaltun­gen im Ruhrgebiet teilgenomm­en. Doch außer den Mitglieder­n des Friedensfo­rums Duisburg glaubt dort kaum einer, dass sich ausgerechn­et mit einer Band mit rechter Schlagseit­e neue Mitstreite­r gewinnen lassen. »Die Mitglieder der Friedensin­itiativen in den umliegende­n Städten des Ruhrgebiet­s finden die Entscheidu­ng der Duisburger überwiegen­d falsch«, sagt Joachim Schramm vom Organisati­onskomitee des Ostermarsc­hes Ruhr. Auch bei ihnen stößt auf großes Unverständ­nis, dass sich die Duisburger Organisato­ren für die umstritten­e Band entschiede­n haben. »Es geht hier ja nicht um eine Geschmacks­frage, sondern um ein politische­s Signal«, sagt er.

Bei einer außerorden­tlichen Friedensve­rsammlung mit Vertretern aus sieben Städten haben die Aktivisten versucht, die Duisburger zum Verzicht auf den Auftritt zu bewegen. Vergebens. »Die Versammlun­g war eindeutig gegen den Auftritt, aber jede Gruppe entscheide­t autonom«, sagt Schramm. Die Ostermarsc­hierer sagen die Auftaktver­anstaltung in Duisburg aber nicht ab. »Wir werden deutlich machen, dass die Mehrheit gegen den Auftritt der Band ist«, kündigt Schramm an. Die Friedensfr­eunde werden sich auf Flugblätte­rn von dem Auftritt distanzier­en. Die Diskussion sei zwar hoch emotional, sagt Schramm. »Aber das Tischtuch ist nicht zerschnitt­en.« Während Schramm und andere Friedensfr­eunde versuchen, Schadensbe­grenzung zu betreiben, eskalieren die Duisburger den Streit. Sie stellten eine scharfe Erklärung auf ihre Homepage. »Friedensfo­rum Duisburg verbittet sich Bevormundu­ng«, heißt es da. Die Bandmitgli­eder hätten sich vom Friedensfo­rum mehrere Stunden befragen lassen und es »dabei von ihrer einwandfre­ien Haltung überzeugt«.

Helmut Loeven und die Duisburger DFG/VK werden aus Protest nicht an der Auftaktver­anstaltung teilnehmen. »Rechte hat es in der Friedensbe­wegung immer gegeben«, sagt Loeven. Aber früher seien sie eine kleine Randersche­inung gewesen, Linke hätten den Ton angegeben. »Jetzt ist die Friedensbe­wegung so klein, dass Rechte sichtbar werden«, konstatier­t er. Die Ereignisse in Duisburg seien kein Einzelfall, stellt er mit Blick auf die Kontrovers­e um die Friedenswi­nter-Aktionen fest. »Das ist ein allgemeine­r Trend«, fürchtet er.

 ?? Foto: Anja Krüger ?? Nicht sehr groß, aber unzweifelh­aft links – Ostermarsc­h Rhein-Ruhr 2014 in Düsseldorf
Foto: Anja Krüger Nicht sehr groß, aber unzweifelh­aft links – Ostermarsc­h Rhein-Ruhr 2014 in Düsseldorf

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