US-Drohnen sind eine Gefahr für Deutschlands Sicherheit
Aktivisten bereiten Proteste in den USA und am US-Stützpunkt Ramstein vor, einer »Achillesferse des deutsch-amerikanischen Bündnisses«
Elsa Rassbach ist Vertreterin der US-Friedens- und Bürgerrechtsinitiative Code Pink sowie Mitbegründerin der deutschen Anti-DrohnenKampagne. Mit ihr sprach Stephan Fischer.
Seit 2009 gibt es Proteste an der USMilitärbasis Creech im US-Bundesstaat Nevada, zuletzt Anfang März. Was ist dort passiert?
Etwa 120 Aktivisten aus 18 US-Bundesstaaten blockierten friedlich am 6. März den Autoverkehr auf zwei Zufahrten zu der Basis. 34 wurden wurden festgenommen und werden im April vor Gericht gestellt. Diese Verfahren werden aber noch mehr Aufmerksamkeit auf die illegalen Tötungen durch Drohnen richten.
Warum ist Creech so wichtig für den US-Drohnenkrieg?
Die erste Predator-Überwachungsdrohne ist dort 1994 geflogen, eine bewaffnete Drohne wurde erstmalig 2001 in der Nähe getestet. Seitdem töten Drohnenpiloten von der CreechBasis fast täglich Opfer in weit entfernten Ländern. Der erste Drohnenprotest fand auch hier statt: 14 Aktivisten wurden 2009 des »unerlaubten Betretens« der Basis für schuldig befunden, einige saßen dafür im Gefängnis. Die bis dahin geheimen Drohnenkriege wurden aber so erstmalig an die Öffentlichkeit gebracht.
Welche Rolle spielt der Luftwaffenstützpunkt Ramstein für die USDrohnenkriege?
Zwischen den »Joy-Stick«-Piloten in den USA und den Drohnen, die in der Nähe des Ziels in Afrika oder Mittleren Osten stationiert sind, ist eine ständige Satellitenverbindung notwendig. Die Drohnen produzieren Überwachungsvideos und Signale, die in Ramstein ankommen. Vor jedem Drohnenanschlag nimmt der Pilot in den USA Verbindung mit Ramstein auf, der einzigen Relaisstation in Europa. Nach Berichten unter anderem der »Süddeutschen Zeitung« arbeiten seit 2011 etwa 650 Mitarbeiter in Ramstein an den Drohnen- programmen. Auch Dokumente von Edward Snowden zeigen, dass Ramstein für die US-Drohnenkriege unerlässlich ist.
Das geschieht auf deutschem Boden. Was könnte die Bundesrepublik dagegen tun?
Die Bundesregierung könnte eine Neuverhandlung des Truppenstationierungsabkommens initiieren und dabei fordern, dass diese 650 Mitarbeiter ihre Tätigkeit einstellen. Nach der Gemeinsamen Entschließung des Europäischen Parlaments von 2014, wonach außergerichtliche Tötungen zu ächten sind, sollte dann kein EUStaat den USA mehr helfen, eine neue Drohnen-Relaisstation aufzubauen.
Auf diese Entschließung des Europäischen Parlaments hat Deutschland aber nicht reagiert?
Großbritannien hält sich wahrscheinlich auch nicht daran, aber die Einrichtungen in Deutschland spielen eine viel wichtigere Rolle. Deutschland hat dadurch den entscheidenden Hebel in der Hand: Die Stationierungsverträge mit den USA sind kündbar oder verhandelbar, das haben selbst die Irakis mit den USA gemacht. Einfach deutsches und europäisches Recht umsetzen – mit der Rückendeckung des Europaparla- mentes. Und des Koalitionsvertrages. Es bräuchte nur ein bisschen Mut. Aber ohne Bewegung auf der Straße und im Bundestag wird nichts passieren.
Welche Rolle spielt die deutsche Drohnenkampagne dabei?
Die Drohnenkampagne ist im März 2013 gegen die geplante Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr gegründet worden. Die Rolle Ramsteins wurde erst im April 2014 weitgehend bekannt; wir werden auch mögliche Maßnahmen gegen die deutsche Beihilfe bei unserem bundesweiten Treffen am 22. März in Hannover diskutieren, wozu alle herzlich eingeladen sind. Am Tag davor gibt es eine Drohnenkonferenz.
Warum sollte sich die deutsche Regierung nicht weiterhin darauf zurückziehen, nichts zu sehen und nichts zu wissen?
Es ist eine Gefahr für die deutsche Sicherheit, auf deutschem Boden einen Partner zu haben, der im Alleingang, geheim und unter Missachtung des internationalen Rechts vorgeht. Die USA haben den »Krieg gegen den Terror« als räumlich und zeitlich unbegrenzt definiert: Was, wenn ein US-Präsident meint, es gibt Terroristen in Russland? In diesem Sinne ist Ramstein eine Achillesferse des deutschamerikanischen Bündnisses, der Ort, wo die europäische Auffassung von Menschenrecht und Völkerrecht am stärksten mit der Auffassung der USRegierung in Konflikt tritt.