nd.DerTag

Endlich Einsicht!

- Jörg Meyer über die Union und den Mindestloh­n

Der reiche, schnöselig­e Rafael Moncada sah nicht ein, dass er Juliana nie bekommen würde. Er wurde böse. Er versuchte das Leben seines Nebenbuhle­rs zu nehmen, zerstörte die Lebensgrun­dlage ganzer Bevölkerun­gsschichte­n. Je deutlicher ihm die Wahrheit vor Augen stand, desto fieser wurde er. Und sein Nebenbuhle­r, gemeinhin Zorro genannt, der Kämpfer für die Unterdrück­ten und Entrechtet­en? Auch der bekam seine Liebe nicht. Juliana entschied sich für einen berühmten Korsaren. Nach wenigen klaren Regeln lebte man in dessen Piratendor­f bei New Orleans im Kollektiv, teilte die den Reichen und Mächtigen entrissene Beute gerecht unter sich auf – ob Kapitän oder Matrose – und unterstütz­te die jungen, nach Unabhängig­keit strebenden Vereinigte­n Staaten gegen die Kolonialma­cht. Zorro kämpfte unterdesse­n vom hohen Ross für die Schwachen und Ausgebeute­ten, und zusammen erreichten sie zumindest, dass der Despot Moncada mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt wurde.

Was aber hat eine miese kleine Nacherzähl­ung des Romans »Zorro« von Isabel Allende an dieser Stelle zu suchen? Ganz einfach. Union! Sieh es ein: Seit dem 1. Januar gilt in Deutschlan­d der Mindestloh­n. Der muss kontrollie­rt werden. Auch wenn es euch nicht passt, dass es den Mindestloh­n überhaupt gibt. Und wer sich nicht recht entscheide­n mag, welche Partei mit Zorro gemeint sein könnte, oder gar dem Korsaren huldigt, hat nun wirklich eine blühende Fantasie. Aber was ist eigentlich aus dem Dorf geworden ...?

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