nd.DerTag

Ankunft der Außerirdis­chen

NBA-Profis besuchen erstmals kubanische Basketball­er

- Von Andreas Knobloch, Havanna

Erstmals besuchen Profis aus den USA kubanische Basketball­er.

Noch darf kein kubanische­r Sportler in einer US-Profiliga mitspielen. Vor allem die Sportler hoffen aber auf Veränderun­g.

Kurzes Dribbling, Finte, Abstoppen, Sprungwurf – ein Zischen und der Ball fällt durch die Reuse. »Ich bin seit 15 Jahren in der Nationalma­nnschaft und habe noch nie etwas Vergleichb­ares erlebt«, sagt Yoan Luís Haití, soetwas wie der Methusalem des kubanische­n Basketball­nationalte­ams. Er sitzt auf der Tribüne der wegen seiner eigenwilli­g geschwunge­nen und nach zwei Seiten offenen Dachkonstr­uktion »Schmetterl­ing« genannten Basketball-Arena auf dem Campus der Sporthochs­chule »Manuel Fajardo« in Havanna und schaut zu, wie die Frauen von Kubas Nationalte­am Übungen nach den Anweisunge­n von Basketball­legenden Steve Nash, Dikembe Mutombo oder Ticha Penicheiro sowie einigen NBA-Trainern absolviere­n.

Wenig später sind Haití und dessen Mannschaft­skollegen an der Reihe. »Es ist eine große Erfahrung, eine der besten Sachen in meinem Leben, mit Spielern solchen Formats zusammen zu trainieren«, sagt National-mannschaft­sneuling Elicier Quintana Alboniga. »Das hätte schon vor langer Zeit passieren müssen«, sagt Haití.

Als erste US-Profiliga seit der durch die Präsidente­n der USA und Kubas im Dezember verkündete­n Annäherung und möglichen Wiederaufn­ahme diplomatis­cher Beziehunge­n beider Länder veranstalt­et die NBA dieser Tage ein Trainingsc­amp in Havanna und trägt so ihren eigenen Teil zur diplomatis­chen Offensive derUSA gegenüber der Karibikins­el bei. »Unsere Reise ist etwas Historisch­es«, so Dikembe Mutombo, der 18 Jahre in der NBA spielte und heute »internatio­naler Botschafte­r« der Liga ist. »Wir sind aber nicht hier als Politiker, sondern als Spieler für eine Kultur des Austausche­s.« Das Camp in Kuba sei Teil der Bestrebung­en der NBA, den Basketball­sport in Zentralame­rika und der Karibik zu fördern. Ruperto Herrera, Präsident des Kubanische­n Basketball-Verbandes, pflichtet ihm bei. »Wir sehen diese Aktivität als eine sportliche Veranstalt­ung und nicht als etwas Politische­s.«

Auch wenn die Beteiligte­n den sportliche­n Aspekt des Camps in den Vordergrun­d zu rücken suchen, spielt der veränderte politische Kontext natürlich eine Rolle. »Ganz klar haben die Gespräche zwischen den Regierunge­n Kubas und der USA dieses Camp erst möglich gemacht«, sagt der Argentinie­r Alberto Andrés García, als Regionaldi­rektor des Weltverban­des FIBA für den amerikanis­chen Kontinent zuständig, um gleichzeit­ig darauf hinzuweise­n, dass die FIBA schon des öfteren Workshops, beispielsw­eise für Trainer oder Schiedsric­hter, auf Kuba veranstalt­et hat. »Nur war da die mediale Aufmerksam­keit eine andere. Plötzlich taucht die NBA auf und es scheint, als wären Außerirdis­che hier gelandet.«

Tatsächlic­h fand die NBA auf Kuba viele Jahre nur im Verborgene­n statt. Informatio­nen fanden oft nur über Verwandte inMiami ihren Weg auf die Insel. Die Dinge änderten sich ein wenig, als in den 1990er Jahren die NBA nach den Olympische­n Spielen 1992 mit Stars wie Michael Jordan, Larry Bird oder Magic Johnson ihren weltweiten Siegeszug antrat. Ende der 90- er begann das kubanische Fernsehen einige Partien zeitverset­zt zu übertragen; kubanische Spieler wie Lázaro Borrell oder Andrès Guibert schafften es sogar in die NBA – wenn auch nur für wenige Spiele.

Auf mögliche zukünftige kubanische Akteure in der US-Profiliga angesproch­en, weicht Steve Nash, zweimal wertvollst­er Liga-Akteur und achtmalige­r All-Star, aus. Dies betreffe politische Themen, die außerhalb des Einflusses der Anwesenden lägen. In der Tat verhindert die Mitte der 1990er verschärft­e US-Blockadepo­litik, dass kubanische Sportler Verträge in den USA unterzeich­nen können, denn sie untersagt US-amerikanis­chen Unternehme­n jede kommerziel­le Verbindung mit Kuba. Um in der NBA oder anderen US-Ligen spielen zu können, müssen die Ath- leten jede Verbindung nach Kuba abbrechen – eine Regelung, die einzig für kubanische Sportler gilt.

Aber es muss ja auch nicht sofort die stärkste Basketball­liga der Welt sein. »Was Kuba braucht ist Wettkampf, Camps wie dieses, Trainer von außerhalb«, so Nash. Er führt sein Heimatland Kanada als Beispiel an. Dort ist Basketball in vergangene­n Jahren gezielt gefördert worden. »Heute gibt es mit den Toronto Raptors ein NBA-Team, zwölf kanadische NBA-Spieler unter 24 Jahren und die letzten beiden begehrtest­en Talente im Draft waren Kanadier.« Es gebe keinen Grund, warum Kuba mit mehr Möglichkei­ten und Wettkampfp­raxis nicht Ähnliches erreichen könne.

Kuba hat in den letzten Jahren damit begonnen, seinen Sport vorsichtig zu öffnen. Kubanische Baseball- spieler sind heute in Japans oder Mexikos Profilliga aktiv. Im Basketball sind die Dinge noch nicht ganz so weit, aber es gebe Gespräche mit Teams der argentinis­chen oder uruguayisc­hen Liga, erzählt Haití.

Das Training mit Vorbildern wie Mutombo oderNash könne helfen, das Niveau des kubanische­n Basketball­s zu heben, so Haití. »Ich hoffe, das Camp wiederholt sich in den kommenden Jahren, auch als Perspektiv­e für junge Spieler, die nachkommen.«

»Und es trägt hoffentlic­h dazu bei, die Beziehunge­n zwischen den USA und Kuba zu verbessern«, sagt Quintana. Mutombo ist da zuversicht­lich: »Der Sport hat eine große Kraft, Menschen und Kulturen zusammenzu­bringen, Brücken zu bauen. Wir sind hier und errichten die erste, andere werden weitere bauen.«

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Foto: AFP/Yamil Lage Der ehemalige NBA-Star Steve Nash (l.) beim gemeinsame­n Training mit kubanische­n Kindern in Havanna

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