Ankunft der Außerirdischen
NBA-Profis besuchen erstmals kubanische Basketballer
Erstmals besuchen Profis aus den USA kubanische Basketballer.
Noch darf kein kubanischer Sportler in einer US-Profiliga mitspielen. Vor allem die Sportler hoffen aber auf Veränderung.
Kurzes Dribbling, Finte, Abstoppen, Sprungwurf – ein Zischen und der Ball fällt durch die Reuse. »Ich bin seit 15 Jahren in der Nationalmannschaft und habe noch nie etwas Vergleichbares erlebt«, sagt Yoan Luís Haití, soetwas wie der Methusalem des kubanischen Basketballnationalteams. Er sitzt auf der Tribüne der wegen seiner eigenwillig geschwungenen und nach zwei Seiten offenen Dachkonstruktion »Schmetterling« genannten Basketball-Arena auf dem Campus der Sporthochschule »Manuel Fajardo« in Havanna und schaut zu, wie die Frauen von Kubas Nationalteam Übungen nach den Anweisungen von Basketballlegenden Steve Nash, Dikembe Mutombo oder Ticha Penicheiro sowie einigen NBA-Trainern absolvieren.
Wenig später sind Haití und dessen Mannschaftskollegen an der Reihe. »Es ist eine große Erfahrung, eine der besten Sachen in meinem Leben, mit Spielern solchen Formats zusammen zu trainieren«, sagt National-mannschaftsneuling Elicier Quintana Alboniga. »Das hätte schon vor langer Zeit passieren müssen«, sagt Haití.
Als erste US-Profiliga seit der durch die Präsidenten der USA und Kubas im Dezember verkündeten Annäherung und möglichen Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen beider Länder veranstaltet die NBA dieser Tage ein Trainingscamp in Havanna und trägt so ihren eigenen Teil zur diplomatischen Offensive derUSA gegenüber der Karibikinsel bei. »Unsere Reise ist etwas Historisches«, so Dikembe Mutombo, der 18 Jahre in der NBA spielte und heute »internationaler Botschafter« der Liga ist. »Wir sind aber nicht hier als Politiker, sondern als Spieler für eine Kultur des Austausches.« Das Camp in Kuba sei Teil der Bestrebungen der NBA, den Basketballsport in Zentralamerika und der Karibik zu fördern. Ruperto Herrera, Präsident des Kubanischen Basketball-Verbandes, pflichtet ihm bei. »Wir sehen diese Aktivität als eine sportliche Veranstaltung und nicht als etwas Politisches.«
Auch wenn die Beteiligten den sportlichen Aspekt des Camps in den Vordergrund zu rücken suchen, spielt der veränderte politische Kontext natürlich eine Rolle. »Ganz klar haben die Gespräche zwischen den Regierungen Kubas und der USA dieses Camp erst möglich gemacht«, sagt der Argentinier Alberto Andrés García, als Regionaldirektor des Weltverbandes FIBA für den amerikanischen Kontinent zuständig, um gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass die FIBA schon des öfteren Workshops, beispielsweise für Trainer oder Schiedsrichter, auf Kuba veranstaltet hat. »Nur war da die mediale Aufmerksamkeit eine andere. Plötzlich taucht die NBA auf und es scheint, als wären Außerirdische hier gelandet.«
Tatsächlich fand die NBA auf Kuba viele Jahre nur im Verborgenen statt. Informationen fanden oft nur über Verwandte inMiami ihren Weg auf die Insel. Die Dinge änderten sich ein wenig, als in den 1990er Jahren die NBA nach den Olympischen Spielen 1992 mit Stars wie Michael Jordan, Larry Bird oder Magic Johnson ihren weltweiten Siegeszug antrat. Ende der 90- er begann das kubanische Fernsehen einige Partien zeitversetzt zu übertragen; kubanische Spieler wie Lázaro Borrell oder Andrès Guibert schafften es sogar in die NBA – wenn auch nur für wenige Spiele.
Auf mögliche zukünftige kubanische Akteure in der US-Profiliga angesprochen, weicht Steve Nash, zweimal wertvollster Liga-Akteur und achtmaliger All-Star, aus. Dies betreffe politische Themen, die außerhalb des Einflusses der Anwesenden lägen. In der Tat verhindert die Mitte der 1990er verschärfte US-Blockadepolitik, dass kubanische Sportler Verträge in den USA unterzeichnen können, denn sie untersagt US-amerikanischen Unternehmen jede kommerzielle Verbindung mit Kuba. Um in der NBA oder anderen US-Ligen spielen zu können, müssen die Ath- leten jede Verbindung nach Kuba abbrechen – eine Regelung, die einzig für kubanische Sportler gilt.
Aber es muss ja auch nicht sofort die stärkste Basketballliga der Welt sein. »Was Kuba braucht ist Wettkampf, Camps wie dieses, Trainer von außerhalb«, so Nash. Er führt sein Heimatland Kanada als Beispiel an. Dort ist Basketball in vergangenen Jahren gezielt gefördert worden. »Heute gibt es mit den Toronto Raptors ein NBA-Team, zwölf kanadische NBA-Spieler unter 24 Jahren und die letzten beiden begehrtesten Talente im Draft waren Kanadier.« Es gebe keinen Grund, warum Kuba mit mehr Möglichkeiten und Wettkampfpraxis nicht Ähnliches erreichen könne.
Kuba hat in den letzten Jahren damit begonnen, seinen Sport vorsichtig zu öffnen. Kubanische Baseball- spieler sind heute in Japans oder Mexikos Profilliga aktiv. Im Basketball sind die Dinge noch nicht ganz so weit, aber es gebe Gespräche mit Teams der argentinischen oder uruguayischen Liga, erzählt Haití.
Das Training mit Vorbildern wie Mutombo oderNash könne helfen, das Niveau des kubanischen Basketballs zu heben, so Haití. »Ich hoffe, das Camp wiederholt sich in den kommenden Jahren, auch als Perspektive für junge Spieler, die nachkommen.«
»Und es trägt hoffentlich dazu bei, die Beziehungen zwischen den USA und Kuba zu verbessern«, sagt Quintana. Mutombo ist da zuversichtlich: »Der Sport hat eine große Kraft, Menschen und Kulturen zusammenzubringen, Brücken zu bauen. Wir sind hier und errichten die erste, andere werden weitere bauen.«