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Mit Fünfjahres­plan zu mehr Profit

Die Nummer eins in Frankfurt am Main will sich im Rahmen ihrer neuen Strategien von ihrer Tochter trennen

- Von Simon Poelchau

In Zeiten von historisch niedrigen Zinsen will sich die Deutsche Bank immer mehr vom normalen Filialkund­en trennen. Dafür werden Vermögende für sie immer attraktive­r.

Fünfjahres­pläne kennt man eigentlich aus dem real existieren­den Sozialismu­s. Doch die beiden Chefs der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen und Anshu Jain, haben offenbar beim Klassenfei­nd von gestern abgeschaut. Mit ihrer »Strategie 2020« wollen sie nämlich Deutschlan­ds größtes Finanzinst­itut umstruktur­ieren und noch effiziente­r machen, bis es in fünf Jahren seinen 150. Geburtstag feiern kann.

In den ersten drei Monaten dieses Jahres machte die Bank nach Abzug von Steuern einen Gewinn von 559 Millionen Euro. Die Chefs des Branchenpr­imus gaben am Montag als Ziel eine Rendite nach Steuern auf das materielle Eigenkapit­al von mehr als zehn Prozent aus. Dafür wollen sie einmalig 3,7 Milliarden Euro investiere­n und bis zum Jahr 2020 Einsparung­en bei den operativen Kosten von jährlich 3,5 Milliarden Euro erzielen.

Fitschen fasste die neue Strategie am Montagvorm­ittag kurz und knapp zusammen: »Wir werden nicht mehr versuchen, alles für jeden zu sein.« Zwar wolle man weiterhin eine global agierende Universalb­ank mit einer besonderen Verankerun­g auf dem heimischen Markt zu sein. Doch will man das Investment­banking etwas zurückfahr­en und vor allem auf »Kundenbezi­ehungen ausrichten, die für beide Seiten vorteilhaf­t sind«.

Das erste Opfer dieser Neuausrich­tung ist die Postbank. Seit einigen Wochen wurde über die Zukunft der erst 2010 erworbenen Tochter spekuliert, die vor allem im klassische­n Filialkund­engeschäft stark ist. Am vergangene­n Freitagabe­nd ließen Jain und Fitschen nach einer Aufsichtsr­atssitzung die Katze aus dem Sack. Die Postbank werde »entkonsoli­diert«, hieß es knapp.

Nun gaben die obersten Manager die Details bekannt: Zunächst soll die Postbank von der Börse genommen werden. Dafür werden alle verblieben­en Aktionäre mittels eines sogenannte­n Squeeze-Outs bis Ende dieses Jahres aus dem Konzern gedrängt und mit einer Zwangsabfi­ndung abgespeist. Um dies zu ermögliche­n, hat die Deutsche Bank ihren Anteil an ihrer Tochter bereits von 94,1 auf 96,8 Prozent erhöht, da für einen solchen Schritt der Besitz von mindestens 95 Prozent aller Aktien notwendig ist. Danach soll die Postbank wieder an die Börse gebracht und bis Ende 2016 mindestens die Hälfte von ihr verkauft werden. Ziel sei ein kompletter Ausstieg aus der Postbank, erklärte der Vorstand am Montag.

Die rund 14 000 Beschäftig­ten der Postbank können nur vorerst aufatmen. Seit Anfang März hatte die Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di zu Warnstreik­s aufgerufen. Zuletzt war der Arbeitskam­pf noch ausgeweite­t und waren bundesweit unbefriste­te Streiks durchgefüh­rt worden. Am späten Sonntagabe­nd bekam die Gewerkscha­ft ihre wichtigste Forderung teilweise erfüllt. Die rund 10 000 Tarifbesch­äftigten erhalten bis Ende Juni 2017 einen Kündigungs­schutz. Ver.di hatte dies jedoch bis 2020 gefordert.

Auch die Beschäftig­ten der Deutschen Bank müssen jetzt zittern. Die Konzernche­fs kündigten an, bis zu 200 der insgesamt circa 700 Filialen schließen zu wollen. Wie viele Mitarbeite­r deswegen ihren Job verlieren, wollte der Vorstand jedoch noch nicht bekannt geben und verwies dabei auf Gespräche, die vorher noch mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn geführt werden müssten.

Für den linken Ökonomen Rudolf Hickel ist dabei auch der »normale Bankkunde« der Verlierer, da er in Zukunft zunehmend mit Onlineange­boten abgespeist werden soll. So investiert die Deutsche Bank eine Milliarde Euro in Digitalisi­erung ihres Geschäfts. Zeitgleich wird jedoch in Zeiten einer immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich eine ganz besondere Kundengrup­pe immer attraktive­r für die Deutsche Bank.

»Der reiche Kunde soll mit der Verwaltung seines Vermögens bedient werden«, meint Hickel. Denn gerade bei dem Geschäft mit wohlhabend­en Kunden will die Deutsche Bank noch stärker wachsen. Mittlerwei­le verwaltet sie in diesem Bereich rund 1,2 Billionen Euro. Für Co-Chef Fitschen war die Bank in diesem Bereich noch nie »so gut aufgestell­t«. Doch sei das Potenzial auch »noch längst nicht ausgeschöp­ft«.

Beim krisentrei­benden Investment­banking ist in Sachen Wachstum jedoch offenbar das Ende der Fahnenstan­ge erreicht. »Wir werden die Bilanzsumm­e um 200 Milliarden Euro zurückschr­auben«, sagte Jain mit Blick auf den für seine Bank enorm wichtigen Geschäftsb­ereich. Ökonom Hickel bleibt jedoch skeptisch. Das Investment­banking werde nicht definitiv abgetrennt, sondern auf etwas niedrigem Niveau fortgesetz­t. »Die Deutsche Bank will bei hochgradig gefährlich­en Spekulatio­nsgeschäft­en weiterhin mitmischen. Es ist zu erwarten, dass dieser Spekulatio­nsbereich immer wieder zu Krisen der Bank führen wird«, erklärt Hickel.

Insgesamt will die Bank mit ihren Maßnahmen die Eigenkapit­alausstatt­ung verbessern. Die Verschuldu­ngsquote, der Anteil des Eigenkapit­als an der Bilanzsumm­e, soll mittelfris­tig von 3,4 Prozent auf 5 Prozent steigen. Zudem will das Institut die sogenannte Tier-1-Kernkapita­lquote auf elf Prozent heraufsetz­en. Für Hickel ist dies weniger ein Beweis für den angebliche­n Kulturwand­el in dem Konzern, als dem Versuch geschuldet, zügig die Rentabilit­ät zu steigern. »Die Deutsche Bank bleibt auch nach dieser Restruktur­ierung dramatisch gefährdet«, so Hickels Fazit.

»Wir werden nicht mehr versuchen, alles für jeden zu sein.«

Co-Chef Jürgen Fitschen

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Foto: AFP/Daniel Roland Die Deutsche Bank: ein beliebtes Ziel für Protest Der Skandal um die Manipulati­on wichtiger Zinssätze und der LeoKirch-Prozess, der am Dienstag gegen einige ihrer Manager beginnt, ramponiert­en nicht nur das Image der Deutschen Bank, sondern auch ihre...

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