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Erfreulich­es Karriereen­de nicht in Sicht

Jürgen Fitschens Ruf ist bereits angekratzt

- Von Hermannus Pfeiffer

16 Termine wird der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, bis September im Gerichtssa­al des Landgerich­ts München I haben. Das dürfte sich der von manchen Kollegen als Provinz-Banker parodierte 66-Jährige zutrauen. Vorgänger Josef Ackermann musste zwischen 2004 und 2006 sogar zweimal wöchentlic­h ran im Düsseldorf­er Mannesmann-Prozess, ohne seinen Job zu verlieren.

Bereits im Dezember 2012 stand Fitschen im Mittelpunk­t einer Steuerrazz­ia. Er hatte die Umsatzsteu­ererklärun­g 2010 zu verantwort­en, die grob fehlerhaft erschien. Für wirklichen medialen Zündstoff sorgte dann aber seine telefonisc­he Beschwerde beim hessischen Landesvate­r Volker Bouffier (CDU). Ministerpr­äsidenten können Staatsanwä­lte zurückpfei­fen. »Den Anruf habe ich als solches nicht bereut«, beharrte Fitschen später stur. Dabei hatte das Telefonat seinen Ruf in der Öffentlich­keit angekratzt.

Der klassische Banker in Nadelstrei­fen erscheint außerhalb der Frankfurte­r Doppeltürm­e oft steif, manchmal nervös. Dabei trügt der flüchtige Vergleich mit dem weit jüngeren Kollegen in der Doppelspit­ze, dem weltgewand­ten Inder mit britischem Pass Ans- hu Jain (51): Fitschen hat mehr Auslandser­fahrungen als der Investment­banker. Weltweit betreute er Kreditkund­en und arbeitete lange in Bangkok, Tokio, Singapur, Frankfurt und London.

Seine Laufbahn im Bankensekt­or begann der aus dem niedersäch­sischen Örtchen Harsefeld stammende Fitschen nach einem Wirtschaft­sstudium 1975 im Firmenkund­engeschäft der Citibank in Hamburg. 2004 wurde der Witwer »CEO Deutschlan­d« und damit Boss auf dem Heimatmark­t des führenden deutschen Geldgigant­en. In sein Amt gehievt wurde er wie auch Jain vom Vorgänger Josef Ackermann. Beide galten jedoch nur als B- oder C-Kandidaten. Vorgänger Ackermann hätte lieber den früheren Bundesbank­boss Axel Weber als Nachfolger gesehen.

Altersbedi­ngt ohnehin nur ein Übergangsk­andidat, könnte die Kirch-Affäre den aktuellen Präsidente­n des privaten Bankenverb­andes in Berlin schnell alle Posten kosten. Retten könnte Fitschen hausintern nur, dass Jain ebenfalls geschäftsp­olitisch das Wasser bis zum Halse steht. Ihm wird zumindest mittelbar die Mitschuld für Milliarden­strafen und -rückstellu­ngen gegeben, die aufgrund diverser Prozessris­iken wie im Fall Kirch gebildet wurden und werden. Am Ende des Münchner Prozesses wegen Falschauss­age könnte zwar ein Freispruch stehen. Der könnte für ein erfreulich­es Karriereen­de allerdings zu spät kommen.

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Foto AFP/Daniel Roland Jürgen Fitschen

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