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Domspatzen arbeiten Fälle von Missbrauch auf

Kapellmeis­ter entschuldi­gt sich bei Opfern sexueller Übergriffe und kündigt unabhängig­e Aufklärung an

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Dutzende Fälle von sexuellem Missbrauch haben das Bistum Regensburg erschütter­t. Auch bei dem weltberühm­ten Chor der Domspatzen gab es Übergriffe. Nun soll das endlich aufgearbei­tet werden.

Regensburg. Das Bistum Regensburg und die Regensburg­er Domspatzen wollen den sexuellen Missbrauch von Kindern in ihren Reihen aufarbeite­n. Dazu sei eine Zusammenar­beit mit der Opferhilfe Weisser Ring vereinbart worden, teilte Generalvik­ar Michael Fuchs am Montag mit. Sämtliche Fälle würden von einem Rechtsanwa­lt unabhängig und ergebnisof­fen aufgeklärt. Kirchenint­ernen Nachforsch­ung zufolge waren seit Ende des Zweiten Weltkriege­s rund 80 Kinder von Priestern und Lehrern im Bistum Regensburg sexuell missbrauch­t worden, darunter auch bei dem weltberühm­ten Chor. Konkrete Zahlen von Übergriffe­n bei den Domspatzen wurden nicht genannt.

Domkapellm­eister Roland Büchner entschuldi­gte sich bei den Opfern »in tiefer Erschütter­ung und Scham« und bat um Vergebung. »Für die Öffentlich­keit ist es notwendig, eine unabhängig­e Institutio­n einzuschal­ten, die eine Begutachtu­ng der im Raum stehenden Taten, Vorwürfe und Verdächtig­ungen vornimmt und darüber berichtet.« Von 1964 bis 1994 – das ist ein Großteil der nun zu untersuche­nden Jahre – verantwort­ete der Bruder von Papst Benedikt XVI., Georg Ratzinger, als Domkapellm­eister den Knabenchor. »Ich springe in kaltes Wasser, in ein Becken dessen Tiefe ich nicht kenne«, sagte der mit der Begutachtu­ng der Missbrauch­sfälle bei den Domspatzen beauftragt­e Rechtsanwa­lt, Ulrich Weber. Der langjährig­e Opferanwal­t vom Weissen Ring wolle mit den Betroffene­n und den Missbrauch­sbeauftrag­ten des Bistums sprechen. Zudem darf er auch Geheimarch­ive sowie Personalak­ten des Bistums und persönlich­e Notizen des Generalvik­ars einsehen.

Nach derzeitige­r Planung wird in etwa einem Jahr ein Abschlussb­ericht erstellt sein. »Mein Ziel ist es, Transparen­z zu schaffen, strukturel­le Defizite im Umgang mit Missbrauch­sfällen aufzuzeige­n und die Prävention­sarbeit zu verbessern«, betonte Weber. Vor vier Jahren hatten sich die katholisch­en Bistümer in Deutschlan­d darauf verständig­t, Opfern sexueller Gewalt Entschädig­ung zu zahlen. Das Erzbistum München-Freising etwa hat 29 Fälle registrier­t, in denen auf Empfehlung der Missbrauch­sbeauftrag­ten den Opfern durchschni­ttlich rund 5000 Euro gezahlt wurden.

Im Februar hatte das Bistum bereits über körperlich­e Gewalt berichtet und eingeräumt, dass in der Vorschule des weltberühm­ten Chors der langjährig­e Direktor und mehrere andere Lehrer über Jahrzehnte Kinder misshandel­t hätten. Die rund 70 Betroffene­n hatten von Schlägen mit Fäusten, Stöcken und einem Schlüsselb­und berichtet. Das Bistum hatte daraufhin beschlosse­n, die Straftaten anzuerkenn­en und den Opfern ein Schmerzens­geld in Höhe von jeweils 2500 Euro zu zahlen.

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Foto: dpa/Armin Weigel Domkapellm­eister Roland Büchner bittet um Vergebung.

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