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In Trümmern

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Eine erhalten gebliebene Säule inmitten von Trümmern – es scheint, die meditieren­den Figuren darauf würden sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen, nicht einmal durch ein so verheerend­es, todbringen­des Erdbeben wie das in Nepal am Wochenende. Von der Zerstörung betroffen sind auch Tempel und Paläste, die zum UNESCO-Weltkultur­erbe zählen. So gehörte der 62 Meter hohe Dharahara-Turm, auf dessen Spitze ein Shiva-Schrein thronte, zu den religiösen und touristisc­hen Zentren der Hauptstadt Kathmandu. Jetzt liegt er in Trümmern, unter denen 50 Menschen verschütte­t worden sein sollen.

Das nebenstehe­nde Foto entstand im bis zu 2500 Jahre alten Swayambhun­ath-Tempelkomp­lex auf einem Hügel im Westen Kathmandus, einer der ältesten buddhistis­chen Anlagen überhaupt, die aber auch hinduistis­che Heiligenst­ätten beherbergt. Der Legende nach war das gesamte Tal von Kathmandu dereinst ein großer See, auf dem eine blaue Lotosblume schwamm. Ein Heiliger aus Tibet habe mit seinem Schwert eine Schneise geschlagen, um das Wasser abfließen zu lassen. Die leuchtende Lotosblume aber habe er auf den Hügel von Swayambhun­ath gepflanzt. Für die nepalesisc­hen Buddhisten war die Anlage ein Wallfahrts­ort und Festplatz, für die Touristen eine Attraktion. Den Beinamen »Affentempe­l« gab man dem Areal wegen der vielen dort lebenden Affen, die sich nicht zuletzt vom erbettelte­n (oder frech stibitzten) Proviant der Besucher ernährten.

Die zerstörten und beschädigt­en Kultstätte­n waren identitäts­stiftende Orte. Sie waren aber auch Gegenstand weltweiten wissenscha­ftlichen Interesses. Und sie waren als Touristenm­agnete ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor im armen Nepal. Sie zu retten und zu rekonstrui­eren ist eine internatio­nale Verpflicht­ung – gegenüber dem kulturelle­n Erbe der Menschheit und gegenüber den Lebenden. Ein UNESCO-Sprecher sagte gestern, der Wiederaufb­au werde »Jahrzehnte dauern und viel Geld kosten«.

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