Darchauer Elbbrücke bleibt Fantasie
Die nach der Wende versprochene Darchauer Elbbrücke wird es wohl nicht geben. Sie sollte das zu Niedersachsen gewechselte Amt Neuhaus mit dem linken Ufer verbinden.
Der seltene Wachtelkönig wird wohl weiter in aller Ruhe an der Elbe bei Neu Darchau im Kreis Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen) brüten können, ohne dass für ihn Lärmschutzwände gebaut werden müssen. Denn die Brücke, deren Autoverkehr die streng geschützten Vögel hätte stören können, wird voraussichtlich nicht entstehen. Ihr Bau würde zu viel Geld verschlingen, würde Zuschüsse erfordern, die in der notwendigen Höhe nicht bewilligt werden.
Derzeit verkehrt eine Fähre zwischen beiden Ufern im Kreis Lüneburg, aber nur von 5 bis 21 Uhr, sonntags erst ab 9 Uhr. Die nächsten Brücken sind gut 30 Kilometer entfernt. Zu weit, sagen Bürgerinnen und Bürger in der Gemeinde Amt Neuhaus, zu der das am Ostufer gelegene Darchau gehört. Vor allem dort möchten viele die Brücke haben, um schnell nach Neu Darchau zu kommen und von dort in den Raum Lüneburg. Zudem, sagen die Brückenfreunde, könne die Fähre ausfallen.
Eine Brücke würde die Natur belasten, mahnen die Gegner. Lärm und Abgase nähmen zu, demzufolge würden Touristen die Region meiden, dem Fährpersonal drohe die Arbeitslosigkeit. Zudem sei eine feste Elbquerung nicht nötig, die Fähre leiste gute Dienste.
Rückblende: Kaum waren die Grenzzäune abgebaut, wurde am damals noch zu Mecklenburg-Vorpommern gehörenden Darchau der Wunsch nach einer Brücke laut. »Wird gebaut«, tönten Politiker sogleich. Ob in der Wende-Euphorie eine nüchterne Kostenkalkulation auch nur angedacht wurde, darf bezweifelt werden.
Als Darchau 1993 Mecklenburg-Vorpommern »verließ« und wieder – wie vor 1945 – Teil von Niedersachsen wurde, sah man sich dort in der Pflicht, den Brückenwunsch zu fördern. Noch 1999 waren die Planer von 21 Millionen Euro Kosten ausgegangen, 14 Jahre später wurde bereits mit 45 Millionen gerechnet. Diesen Betrag, aber nicht mehr, will das Land Niedersachsen bezuschussen. Mit 75 Prozent der Kosten aus Bundesmitteln und mit 1,3 Millionen Euro aus dem eigenen Etat. Vom Kreis Lüchow-Dannenberg würden 700 000 Euro erwartet, vom Landkreis Lüneburg acht Millionen.
Bei einer Befragung im Kreis Lüneburg hatten sich 49,5 Prozent der Bürger für die Brücke, 28 Prozent gegen sie ausgesprochen, und 22,4 Prozent sagten: Ja – aber nur, wenn der Kreis nicht mehr als zehn Millionen Euro dazu gibt.
Doch bei Kosten von 58 Millionen Euro müsste der Kreis über 22 Millionen zubuttern, teilte Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) mit. Dies habe die aktuelle Kostenermittlung durch ein Ingenieurbüro ergeben. Dessen Expertise prüft nun eine Landesbehörde.
Bestätigt sie die Kostenexplosion, will der Landrat dem Kreistag empfehlen, die Planung der Brücke einzustellen. Das erfuhr »nd« von Andreas Conrad, Aktivist der Initiative »Brücke nein – Fähre ja«. Er meint, es gebe durchaus Möglichkeiten, den Darchauern entgegen zu kommen. Durch bessere Fährzeiten etwa und auch durch ein kostenloses Pendeln der Fähre. Dafür könne der Landkreis den Brückenzuschuss einsetzen, den er nun wohl einspart.
An den Förderverein »Brücken bauen«, der das Projekt verwirklicht sehen möchte, appelliert Conrad: »Schenkt den Leuten endlich reinen Wein ein – das Ding wird nix.« Der Verein hofft aber, dass es doch noch zusätzliches Geld gibt für die feste Elbquerung. In diesem Sinne haben die Befürworter unlängst eine Petition an die Bundesregierung geschickt.