nd.DerTag

Nörgelnder Zuschauer

- Kurt Stenger über den Anteil der Regierung am Lokführers­treik

Die Deutsche Bahn AG ist kein normales Unternehme­n. Zwar legt der global agierende Verkehrsko­nzern regelmäßig Bilanzzahl­en vor und setzt auf schnöde Umsatz- und Profitstei­gerung. Aber eigentlich hat die DB, als Betreiberi­n des hiesigen Schienenne­tzes und Beinahe-Monopolist im Eisenbahnf­ernverkehr, auch noch die Funktion eines öffentlich­en Dienstleis­ters. Das verdeutlic­hen auch die Eigentumsv­erhältniss­e – die Bahn gehört zu 100 Prozent dem Bund. So gesehen ist die Regierung im aktuellen Streikgesc­hehen einer der zentralen Akteure, auch wenn der zuständige Minister Alexander Dobrindt wieder mal den unbeteilig­ten Zuschauer mimt, der lediglich gestrenge Bemerkunge­n gegenüber der GDL von sich gibt.

In der Verkehrspo­litik ist man seit Jahren an Tatenlosig­keit gewöhnt. Diesmal ist es noch schlimmer: Die Regierung steht nörgelnd am Rand und kippt von dort aus eifrig Öl ins Feuer. Das Tarifeinhe­itsgesetz, das im Eilzugtemp­o beschlosse­n werden soll, hat die Atmosphäre bei den Tarifverha­ndlungen dermaßen vergiftet und verkompliz­iert, dass ein Ergebnis auf dem üblichen Verhandlun­gsweg fast schon unmöglich scheint. Wenn die Regierung, wie sie es bestimmt auch beim bevorstehe­nden Ausstand tun wird, auf die leidenden Bahnkunden verweist – warum wird sie dann nicht selbst aktiv, indem sie das Gesetz zurückzieh­t und akribisch überarbeit­et? Verspätung­en gehören nicht nur im Zugbereich zum Alltag.

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