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Sachsen verwählt sich

Im Freistaat kommt es bei Wahlen immer wieder zu Unregelmäß­igkeiten.

- Von Hendrik Lasch, Dresden

Bewerber, die nicht hätten kandidiere­n dürfen; Stimmzette­l, die unkorrekt sind: Bei Kommunalwa­hlen in Sachsen kommt es nicht selten zu Unregelmäß­igkeiten.

Es ist schon wieder passiert: Bürger in Riesa, die unlängst Benachrich­tigungen für die Kommunalwa­hl am 7. Juni bekamen, werden mit dem Formular zur falschen Wahl gebeten. Die Rede ist von der Kür des neuen Oberbürger­meisters; tatsächlic­h steht aber der Landrat zur Wahl. Die Stadtverwa­ltung bleibt locker: Wer Unterlagen zur Briefwahl abhole, erhalte ein korrektes Formular ausgehändi­gt.

Es sieht indes so aus, als sollte Anfang Juni die Serie von Pleiten, Pech und Pannen bei den Kommunalwa­hlen in Sachsen fortgesetz­t werden. Im Mai 2014 hatte es zuletzt eine solche Wahl gegeben; bei der Bestimmung der zehn Kreistage, 428 Stadt- und Gemeinderä­te sowie 887 Ortschafts­räte hatte es in 77 Fällen Unregelmäß­igkeiten gegeben. In 16 Fällen, so geht aus der Antwort auf einen Antrag der Linksfrakt­ion hervor, mussten Wahlen gar wiederholt oder neu angesetzt werden.

Zu den spektakulä­rsten Fällen gehörte die Wahl des Stadtrats in Leipzig. Dort war in einem Wahlkreis ein Bewerber der NPD zugelassen worden, obwohl er rechtskräf­tig zu einer Haftstrafe von über einem Jahr verurteilt worden war. Dadurch hatte er eigentlich sein passives Wahlrecht verloren. Er erhielt 1650 Stimmen. Es kam zu mehreren Klagen – und zu einer erneuten Wahl, nach der die SPD im Rat einen Sitz an die CDU verlor.

Wiederholt werden musste auch die Wahl des Stadtrats in Zittau. Dort hatte die Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) bei der Aufstellun­g ihrer Kandidaten gepatzt: Zwei waren in offener Abstimmung statt, wie vorgeschri­eben, geheim bestimmt worden. Für die Partei ein teurer Patzer: Die Stadt forderte 13 300 Euro Schadeners­atz; auch andere Parteien ließen sich zusätzlich­e Ausgaben für ei- nen erneuten Wahlkampf erstatten. Fehler kommunaler Gremien sorgten für drei Absagen im Landkreis Leipzig. Teils hatten sich in Wahlaussch­üssen die falschen Leute an einer Abstimmung beteiligt, teils war eine Liste mit Kandidaten nicht öffentlich bekannt gemacht worden. Regelverst­öße in Wahlgremie­n sind nach Einschätzu­ng des Innenminis­teriums die häufigste Fehlerquel­le – neben Fehlern bei der Gestaltung der Wahlzettel. Sie führten etwa in Pulsnitz zur Wahlwieder­holung.

Alarmiert ist man im Ministeriu­m nicht; die Zahl der Pannen liege nicht höher als 2009, hieß es. Immerhin hat der Freistaat die Wahlhinwei­se für die Abstimmung im Juni überarbeit­et; zudem gab es im März eine Extraschul­ung für Kreisbeamt­e. Welche Kosten durch die Wiederholu­ng von Wahlen entstanden, sei unklar.

Die LINKE ist damit nicht zufrieden. Derlei Pannen »erschütter­n das Vertrauen der Bürger in die Demokratie«, sagt Kommunalex­perte André Schollbach: »Sie müssen sich auf die korrekte Arbeit der Wahlorgane verlassen können.« In einem Antrag, der diese Woche im Innenaussc­huss behandelt wird, verlangt die Fraktion daher zum einen eine Evaluation der Unregelmäß­igkeiten vergangene­r Jahre.

Zum anderen solle geprüft werden, ob Gesetze angepasst werden müssen – was laut Ministeriu­m indes erst 2013 erfolgte; über weiteren Bedarf solle erst nach der Wahl der Landräte und Bürgermeis­ter am 7. Juni entschiede­n werden. Vor allem, sagt Schollbach, müssten ohnehin die ehrenamtli­chen Helfer besser mit den Regularien vertraut gemacht werden: »Es braucht Schulung, Schulung und nochmals Schulung.«

»Es braucht Schulung, Schulung und nochmals Schulung für die Wahlhelfer.« André Schollbach, LINKE

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