Sachsen verwählt sich
Im Freistaat kommt es bei Wahlen immer wieder zu Unregelmäßigkeiten.
Bewerber, die nicht hätten kandidieren dürfen; Stimmzettel, die unkorrekt sind: Bei Kommunalwahlen in Sachsen kommt es nicht selten zu Unregelmäßigkeiten.
Es ist schon wieder passiert: Bürger in Riesa, die unlängst Benachrichtigungen für die Kommunalwahl am 7. Juni bekamen, werden mit dem Formular zur falschen Wahl gebeten. Die Rede ist von der Kür des neuen Oberbürgermeisters; tatsächlich steht aber der Landrat zur Wahl. Die Stadtverwaltung bleibt locker: Wer Unterlagen zur Briefwahl abhole, erhalte ein korrektes Formular ausgehändigt.
Es sieht indes so aus, als sollte Anfang Juni die Serie von Pleiten, Pech und Pannen bei den Kommunalwahlen in Sachsen fortgesetzt werden. Im Mai 2014 hatte es zuletzt eine solche Wahl gegeben; bei der Bestimmung der zehn Kreistage, 428 Stadt- und Gemeinderäte sowie 887 Ortschaftsräte hatte es in 77 Fällen Unregelmäßigkeiten gegeben. In 16 Fällen, so geht aus der Antwort auf einen Antrag der Linksfraktion hervor, mussten Wahlen gar wiederholt oder neu angesetzt werden.
Zu den spektakulärsten Fällen gehörte die Wahl des Stadtrats in Leipzig. Dort war in einem Wahlkreis ein Bewerber der NPD zugelassen worden, obwohl er rechtskräftig zu einer Haftstrafe von über einem Jahr verurteilt worden war. Dadurch hatte er eigentlich sein passives Wahlrecht verloren. Er erhielt 1650 Stimmen. Es kam zu mehreren Klagen – und zu einer erneuten Wahl, nach der die SPD im Rat einen Sitz an die CDU verlor.
Wiederholt werden musste auch die Wahl des Stadtrats in Zittau. Dort hatte die Alternative für Deutschland (AfD) bei der Aufstellung ihrer Kandidaten gepatzt: Zwei waren in offener Abstimmung statt, wie vorgeschrieben, geheim bestimmt worden. Für die Partei ein teurer Patzer: Die Stadt forderte 13 300 Euro Schadenersatz; auch andere Parteien ließen sich zusätzliche Ausgaben für ei- nen erneuten Wahlkampf erstatten. Fehler kommunaler Gremien sorgten für drei Absagen im Landkreis Leipzig. Teils hatten sich in Wahlausschüssen die falschen Leute an einer Abstimmung beteiligt, teils war eine Liste mit Kandidaten nicht öffentlich bekannt gemacht worden. Regelverstöße in Wahlgremien sind nach Einschätzung des Innenministeriums die häufigste Fehlerquelle – neben Fehlern bei der Gestaltung der Wahlzettel. Sie führten etwa in Pulsnitz zur Wahlwiederholung.
Alarmiert ist man im Ministerium nicht; die Zahl der Pannen liege nicht höher als 2009, hieß es. Immerhin hat der Freistaat die Wahlhinweise für die Abstimmung im Juni überarbeitet; zudem gab es im März eine Extraschulung für Kreisbeamte. Welche Kosten durch die Wiederholung von Wahlen entstanden, sei unklar.
Die LINKE ist damit nicht zufrieden. Derlei Pannen »erschüttern das Vertrauen der Bürger in die Demokratie«, sagt Kommunalexperte André Schollbach: »Sie müssen sich auf die korrekte Arbeit der Wahlorgane verlassen können.« In einem Antrag, der diese Woche im Innenausschuss behandelt wird, verlangt die Fraktion daher zum einen eine Evaluation der Unregelmäßigkeiten vergangener Jahre.
Zum anderen solle geprüft werden, ob Gesetze angepasst werden müssen – was laut Ministerium indes erst 2013 erfolgte; über weiteren Bedarf solle erst nach der Wahl der Landräte und Bürgermeister am 7. Juni entschieden werden. Vor allem, sagt Schollbach, müssten ohnehin die ehrenamtlichen Helfer besser mit den Regularien vertraut gemacht werden: »Es braucht Schulung, Schulung und nochmals Schulung.«
»Es braucht Schulung, Schulung und nochmals Schulung für die Wahlhelfer.« André Schollbach, LINKE