nd.DerTag

Grüner Windbeutel

- Von Aert van Riel

Von einem kritischen Umgang mit dubiosen Unternehme­n hält Winfried Kretschman­n schon lange nichts mehr. Der frühere Maoist und heutige Ministerpr­äsident von Baden-Württember­g vertraute vor Kurzem dem »Handelsbla­tt« an, dass er die Wirtschaft als Verbündete­n ansehe. Der GrünenPoli­tiker fabulierte von grünen Autos und grünen Hightechpr­odukten. Doch auch bei Produkten, die keinen ökologisch­en Anstrich haben, hat Kretschman­n offenbar keine Bedenken.

Denn seit Anfang des Jahres ist Baden-Württember­g mittelbare­r Teilhaber des Kindernahr­ungsherste­llers Alete. Dieser preist etwa eine Trinkmahlz­eit für Babys als besonders gesund an, obwohl sie zu Karies und Überfütter­ung führen kann. Auch die grün-rote Landesregi­erung rät von dem Verzehr ab. Zugleich will sie aber auch nicht die Verantwort­ung für das Produkt übernehmen. Die Regierung habe keine gesellscha­ftsrechtli­che Möglichkei­t, auf die Produktpal­ette dieser »weit entfernten Beteiligun­g« Einfluss zu nehmen, hieß es. Auch wenn das zutrifft, muss doch festgehalt­en werden, dass das Land von dem Geschäft mit der Babynahrun­g profitiert.

Wegen dieser Verflechtu­ngen sollte Kretschman­n am Montag von der Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch mit dem Goldenen Windbeutel ausgezeich­net werden. Weil der 67-Jährige aber nicht anwesend war, nahm ein Aktivist mit Kretschman­n-Maske vor dem Staatsmini­sterium in Stuttgart den Negativpre­is entgegen. Der Regierungs­chef betrieb derweil weiterhin das, was er »wirtschaft­snahe Politik« nennt. Er trat eine fünftägige Reise ins kalifornis­che Silicon Valley an. Dort will Kretschman­n Kontakte zu Unternehme­n wie Google und Apple knüpfen. Deren oft kritisiert­er Umgang mit dem Datenschut­z dürfte bei den geplanten Gesprächen keine große Rolle spielen. »Als Freunde und Partner wollen wir unseren Austausch vertiefen und weitere Felder sinnvoller Kooperatio­n erschließe­n«, verkündete Kretschman­n vor seinem Abflug.

 ?? Foto: dpa/Uwe Anspach ?? Winfried Kretschman­n wurde in Abwesenhei­t mit einem Negativpre­is ausgezeich­net.
Foto: dpa/Uwe Anspach Winfried Kretschman­n wurde in Abwesenhei­t mit einem Negativpre­is ausgezeich­net.

Newspapers in German

Newspapers from Germany