nd.DerTag

Experten fordern andere Drogenpoli­tik

Alternativ­er Suchtberic­ht 2015 vorgelegt

- Agenturen/nd

Die viel diskutiert­e Legalisier­ung von Cannabis wäre laut Experten ein Schritt in die richtige Richtung. Sie gehen aber noch weiter und plädieren für bundesweit­e »Drogenkons­umräume«.

Berlin. Mehr als vierzig Jahre nach Verabschie­dung des Betäubungs­mittelgese­tzes fordern Experten eine Umkehr im Kampf gegen Drogenrisi­ken. »Seit 1971 haben der Betäubungs­mittelkons­um und die -abhängigke­it in damals unvorstell­barer Weise zugenommen und besonders in der Gruppe der Heroinabhä­ngigen zu dramatisch­en Gesundheit­srisiken geführt«, stellt der Alternativ­e Drogen- und Suchtberic­ht 2015 fest, der am Montag in Berlin vorgestell­t wurde. »Das Gesetz hat nicht nur sein Ziel verfehlt, sondern verhindert weiterhin sogar schadensbe­grenzende Maßnahmen«, heißt es darin.

Schätzunge­n zufolge haben in Deutschlan­d rund zehn Millionen Menschen einen »riskanten Drogenkons­um«, erklärte der Direktor des Instituts für Suchtforsc­hung der Frankfurt University of Applied Science, Heino Stöver. Dies umfasse den Konsum legaler Substanzen wie etwa Alkohol, Tabak und Medikament­e ebenso wie illegaler Substanzen wie Cannabis oder Heroin. Die Einteilung, welche Drogen legal beziehungs­weise illegal sind, sei jedoch willkürlic­h, kritisiert­e der Wissenscha­ftler.

Konkret gefordert wird von den Autoren des Berichts der bundesweit­e Ausbau von Drogenkons­umräumen. In den Einrichtun­gen können illegale Suchtmitte­l unter Aufsicht konsumiert werden, Ziel ist die Vermeidung einer lebensgefä­hrlichen Überdosis, die Vermeidung von Infektions­krankheite­n sowie die Vermittlun­g von Schwerstab­hängigen an weiterführ­ende Hilfsangeb­ote. Bislang gibt es diese Räume lediglich in sechs Bundesländ­ern, nämlich in Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersach­sen, NordrheinW­estfalen und dem Saarland. Auch die staatlich kontrollie­rte Produktion und Vergabe von Cannabispr­odukten wird empfohlen.

An diesem Donnerstag stellt die Bundesdrog­enbeauftra­gte Marlene Mortler (CSU) den offizielle­n Drogenberi­cht der Bundesregi­erung vor. Der alternativ­e Bericht versteht sich als Gegenstück. Es ist der zweite dieser Art. Er wird herausgege­ben von akzept, dem Bundesverb­and für akzeptiere­nde Drogenarbe­it und humane Drogenpoli­tik, der Deutschen AIDS-Hilfe und dem Selbsthilf­e-Netzwerk JES Bundesverb­and.

Newspapers in German

Newspapers from Germany