Erschlagen und ins Meer geworfen
Ausmaße der Flüchtlingstragödie in Südostasien immer erschreckender
Rund 8000 Bootsflüchtlinge warten nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) auf den Meeren in Südostasien auf Rettung.
Rangun. Indonesien hat erneut ein mutmaßliches Flüchtlingsboot abgewiesen. Das Schiff sei am Sonntag an der Einfahrt in indonesische Gewässer gehindert worden und zurück Richtung Malaysia gefahren, teilte die indonesische Marine am Montag mit. Myanmar, das sich trotz der von dort in Massen flüchtenden Rohingya nicht für die Flüchtlingskrise in Südostasien verantwortlich fühlt, äußerte unterdessen Verständnis für die »Sorgen« der internationalen Gemeinschaft.
Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya, die in Myanmar unter Diskriminierung und Gewalt leiden, fliehen seit Jahren zu Zehntausenden über den Golf von Bengalen. Zuletzt nahm in der Region zudem die Zahl der Armutsflüchtlinge aus Bangladesch zu. Seit Thailand mit einem Großeinsatz gegen Schlepper vorgeht, treiben Tausende Flüchtlinge hilflos auf dem Meer. Malaysia und Indonesien schickten zudem schon mehrfach Flüchtlingsboote zurück.
Die indonesische Marine fing am Sonntag ein Boot ab, das in der Straße von Malakka zwischen Malaysia und Indonesien unterwegs war, wie der Armeesprecher Fuad Basya mitteilte. Das Boot sei per Funk darüber informiert worden, dass es nicht in indonesische Gewässer fahren dürfe, und sei dann umgedreht.
Auf den oft völlig überladenen Flüchtlingsbooten herrschen meist fürchterliche Zustände. Überlebende eines Bootes, das am Wochenende vor der Küste Indonesiens gesunken war, berichteten von brutalen Kämpfen um die knappen Vorräte an Bord. Nach Angaben der Überlebenden wurden mindestens hundert Menschen erschlagen, erstochen und über Bord geworfen.
Die Menschenschmuggler hätten die Flüchtlinge aus Bangladesch unter Deck eingesperrt und die Rohingya-Flüchtlinge bevorzugt, berichteten Augenzeugen. »Plötzlich kamen die Bangladescher hervor und sie haben alle angegriffen, die auf Deck waren«, sagte die 22-jährige Hasina Begun. »Wer sein Leben retten wollte, musste ins Wasser springen.« Ihren Bruder hätten die Angreifer aber geschnappt und »ab- geschlachtet«. »Dann haben sie ihn über Bord geworfen.«
Vor der Küste von Myanmar kam die bangladeschische Küstenwache unterdessen sieben Landsleuten zu Hilfe, die von einem thailändischen Fischerboot ins Meer geworfen worden waren. Wie ein Vertreter der Küstenwache sagte, waren die Männer von Fischern gerettet und der Küstenwache übergeben worden. Nach Angaben der geretteten Flüchtlinge treiben allein vor der Küste Myanmars noch mindestens drei Flüchtlingsboote.
Myanmars Informationsminister Ye Htut erklärte, sein Land verstehe »die Besorgnis der Weltgemeinschaft über die Menschen auf dem Meer«. Aber statt Myanmar die Schuld für die Krise zu geben, müssten »all diese Probleme« von den Partnern in der Region gemeinsam gelöst werden. Ob Myanmar Ende Mai an einem Gipfel zur Krise teilnimmt, ist noch unklar.
Auch die südostasiatische Staatengemeinschaft ASEAN, die sich sonst strikt an das Prinzip der NichtEinmischung in die Angelegenheiten ihrer Mitgliedsstaaten hält, zeigte sich in einer Erklärung »besorgt«.
Die Lage der Flüchtlinge auf den Meeren Südostasiens beunruhigt auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. Er habe aus diesem Grund in den vergangenen Tagen mit führenden Politikern aus Malaysia, Thailand, Bangladesch und Indonesien gesprochen, teilte ein Sprecher des Generalsekretärs am Sonntag in New York mit. Diese hätten unter anderem die Notwendigkeit betont, die Menschen zügig von Bord der Schiffe zu holen.