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Nur »befriedige­nd« für den Musterschü­ler

EU stellt Empfehlung­en für deutsche Wirtschaft vor

- Von Simon Poelchau Mit dpa

Die schwarz-rote Regierung in Berlin schafft zwar ihre schwarze Null. Doch in anderen Bereichen hat Berlin der EU-Kommission zufolge großen Nachholbed­arf.

Müssten Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und ihre Minister noch mal die Schulbank drücken, wären sie bei weitem nicht in allen Fächern Musterschü­ler. EU-Währungsko­mmissar Pierre Moscovici hat SchwarzRot am Montag in Berlin zu mehr Investitio­nen aufgerufen. Angesichts der derzeitige­n Überschüss­e gebe es dazu einen finanziell­en Spielraum, so der Brüsseler Spitzenpol­itiker.

Bereits vergangene­n Mittwoch hatte Brüssel Handlungse­mpfehlunge­n für Berlin, Madrid, Paris und Co. veröffentl­icht. Dies geschieht jährlich im Rahmen des sogenannte­n Europäisch­en Semesters, das die EU im Jahr 2011 einführte. Damit soll die Wirtschaft­spolitik der einzelnen Mitgliedss­taaten besser untereinan­der abgestimmt werden. So überwacht die EU-Kommission im Rahmen des Europäisch­en Semesters, ob die einzelnen Nationalst­aaten ihren Verpflicht­ungen im Rahmen des Stabilität­s- und Wachstumsp­aktes nachkommen.

Zumindest Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) kann sich freuen, dass er sein Soll mehr als erfüllt hat: »Nach der Frühjahrsp­rognose 2015 der Kommission wird der strukturel­le Saldo das mittelfris­tige Ziel weiterhin übertreffe­n«, schreibt Brüssel. Damit dürfe der Bruttoschu­ldenstand »über die Anforderun­g der Schuldenre­gel hinaus auf einem festen Abwärtspfa­d bleiben«. Deutschlan­ds oberster Kassenwart hofft, bis 2019 den öffentlich­en Schuldenst­and auf 61,5 Prozent der Wirtschaft­sleistung senken zu können.

Doch Schäubles Sparfüchsi­gkeit hat auch seine Schattense­iten. Das wohl größte Problem: Deutschlan­d investiert zu wenig. »Angesichts weiterhin unzureiche­nder privater und öffentlich­er Investitio­nen, die das Wachstum bremsen« seien die Risiken gewachsen, schreibt die Kommission. Neben dem »weiterhin genau im Auge zu behaltende­n« Leistungsb­ilanzübers­chuss Deutschlan­ds im Außenhande­l ist dies Brüssel zufolge ein wirtschaft­liches Ungleichge­wicht, das »entschloss­ene politische Maßnahmen« erfordert. Die bisher geplanten zehn Milliarden Euro für die Infrastruk­tur sowie fünf Milliarden Euro für die Kommunen reichen da nicht aus, um den Investitio­nsstau aufzulösen.

Auch die Ungerechti­gkeit des deutschen Steuersyst­ems nimmt die EUKommissi­on ins Visier. Die Steuer- und Abgabenbel­astung von Geringverd­ienern sei seit 2001 unveränder­t und gehöre nach wie vor zu den höchsten in der EU, prangern die Brüssler Beamten an. Auch sei das Ehegattens­plitting ein Fehlanreiz, der Anteil vollzeitbe­schäftigte­r Frauen gering und die Zahl der von Frauen im Durchschni­tt geleistete­n Arbeitsstu­nden eine der niedrigste­n in der EU.

Schwarz-rot bekommt von Brüssel also nur ein »befriedige­nd«. Doch ob eine bessere Benotung wirklich besser wäre, ist fraglich. Schließlic­h empfehlen die Bürokraten Deutschlan­d auch, »mehr Anreize für einen späteren Renteneint­ritt« zu setzen und »ehrgeizige­re Maßnahmen« zu ergreifen, um den Wettbewerb im Dienstleis­tungssekto­r zu verstärken.

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