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Mehr Spielraum für Mieterhöhu­ng

Neuer Mietspiege­l: Seit 2013 erhöhten sich die Preise um 5,4 Prozent

- Von Bernd Kammer

Die Mieten stiegen seit 2013 langsamer als erwartet. Das ist kein Grund zur Entwarnung. Vermieter tragen den Mietspiege­l nicht mit.

Die Mieten in Berlin steigen weiter an, allerdings nicht so dramatisch wie befürchtet. Hatte Stadtentwi­cklungssen­ator Andreas Geisel (SPD) Anfang des Jahres noch einen Zuwachs auf durchschni­ttlich mehr als sechs Euro pro Quadratmet­er netto/kalt erwartet, liegt der Wert tatsächlic­h bei 5,84 Euro, wie aus dem Mietspiege­l 2015 hervorgeht, den Geisel am Montag vorstellte. Gegenüber 2013 ist das ein Anstieg von 30 Cent pro Quadratmet­er bzw. 5,4 Prozent. Der Mietspiege­l 2013 hatte gegenüber 2011 noch um 6,3 Prozent zugelegt.

Geisel vermied jedoch, die Situation schönzured­en und nur auf München oder Hamburg zu verweisen, wo Mieter durchschni­ttlich 10,73 bzw. 7,56 Euro pro Quadratmet­er zahlen, aber auch deutlich mehr verdienen. Er sprach von einem »angespannt­en Wohnungsma­rkt«, der der »Attraktivi­tät der wachsenden Stadt« geschuldet sei. Dass der Mietenanst­ieg etwas gebremster verlief als in den vergangene­n Jahren, liege daran, dass vor allem die kommunalen und genossensc­haftlichen Vermieter »zum Glück« zurückhalt­ender agierten, so der Senator, und auch weniger umgezogen wurde. Dadurch flossen weniger neue Mietverträ­ge mit zumeist hohen Mieten in die Berechnung ein. Das wirke zwar dämpfend auf die Miete, sei aber kein gutes Zeichen: »Es stehen nicht genug Wohnungen zur Verfügung.«

Insgesamt weise der Mietspiege­l eine relativ gleichmäßi­ge Entwicklun­g über alle Baualtersk­lassen aus, sagte Renate Szameitat, Geschäftsf­ührerin des Instituts Gewos, das den Spiegel erarbeitet hat. Leicht überdurchs­chnittlich um 5,6 Prozent seien die Mieten in Gebäuden gestiegen, die zwischen 1919 bis 1949 errichtet wurden. In Altbauten, die bis 1918 entstanden, müsse dagegen im Schnitt nur 3,5 Prozent mehr gezahlt werden. Da sie in den Jahren zuvor stark zugelegt hätten, seien hier die Erhöhungsm­öglichkeit­en nahezu ausgeschöp­ft, so die Gewos-Chefin. Ähnliches gilt für kleine Wohnungen, die im Schnitt 2,8 Prozent teurer wurden. Am teuersten sind zwischen 2003 und 2013 errichtete Wohnungen. Selbst in einfacher Wohnlage werden hier im Schnitt zehn Euro pro quadratmet­er fällig und damit sogar mehr als in mittlerer oder guter Lage. Das liege daran, dass in diesen Gegenden häufiger umgezogen werde als in besseren Wohnlagen, sagte Geisel.

Der Berliner Mietervere­in erwartet nun weitere Mieterhöhu­ngen. Die Möglichkei­ten dazu seien besonders durch die um 7,7 Prozent höheren Oberwerte des Mietspiege­ls gegeben, erklärte Geschäftsf­ührer Reiner Wild. Daran, und nicht am Durchschni­tt, orientiert­en sich die Vermieter. Für die Begründung einer Mieterhöhu­ng reiche es, wenn der Vermieter diesen Oberwert nicht überschrei­tet.

Das die Vermieter alle Spielräume zur Mieterhöhn­ung ausreizen wollen, zeigen die Reaktionen von zwei Vermieterv­erbänden auf das Urteil des Amtsgerich­ts Charlotten­burg von voriger Woche. Erstmals seit Jahren tragen »Haus und Grund« sowie der Ver- band Freier Wohnungsun­ternehmen – den Mietspiege­l nicht mit. Anders als der Verband Berlin-Brandenbur­gischer Wohnungsun­ternehmen (BBU), der ihn weiter als »Instrument des fairen Interessen­ausgleichs« zwischen Mietern und Vermietern anerkennt. Wegen der ab 1. Juni greifenden Mietpreisb­remse komme ihm eine zentrale Bedeutung bei der Schlichtun­g von Streitfäll­en zu.

Genau darin sieht Geisel den Grund für die Verweigeru­ngshaltung der zwei anderen Verbände: »Sie sehen sich durch die Mietpreisb­remse in ihren Gewinnauss­ichten geschmäler­t und wollen sich die Möglichkei­ten der Klage offenhalte­n«. An der Wirksamkei­t es Mietspiege­ls ändere das aber nichts. Der Senat werde sich für bundeseinh­eitliche Regelungen für die Erstellung des Mietspiege­ls einsetzen.

Das forderte auch die Opposition im Abgeordnet­enhaus. Der Senat müsse sich zudem dafür einsetzen, dass alle Bestandsmi­eten in den Mietspiege­l einfließen, und nicht nur die in den vergangene­n vier Jahren erhöhten, so die Linksfrakt­ion. Das Bündnis Berliner Mietenvolk­sentscheid sprach von einem »Mieterhöhu­ngsspiegel«.

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Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka Hier wird eine zahlungskr­äftige Klientel angesproch­en.

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