nd.DerTag

Horrorzahl­en

- Bernd Kammer über die Taktik des Stadtentwi­cklungssen­ators

Das hat der Stadtentwi­cklungssen­ator clever hingekrieg­t: Anfang des Jahres malte Andreas Geisel Horrorzahl­en der Mietentwic­klung an die Wand, damit dann alle, wenn es nicht ganz so schlimm kommt, erleichter­t durchatmen können. Doch dazu besteht kein Grund. Die Mieten steigen in schöner Regelmäßig­keit, und zwar schneller als die Lebenshalt­ungskosten. Die legten in Berlin im vergangene­n Jahr lediglich um 0,8 Prozent zu, 2013 um 2,2 Prozent. Die Mieten zogen in beiden Jahren also fast doppelt so schnell an. Über 5,4 Prozent Lohnsteige­rung hätten sich sicher auch viele Berliner gefreut.

Dabei ist alles doch ein wenig schlimmer, als im Mietspiege­l ausgewiese­n. Das wissen vor allem diejenigen, die eine neue Wohnung suchen. Für 5,84 Euro pro Quadratmet­er Durchschni­ttsmiete dürfte nur mit viel Glück etwas zu finden sein. Deshalb ziehen auch immer weniger Berliner um, denn sie finden einfach keine bezahlbare Wohnung. Denn bei Neuvermiet­ungen langen die Vermieter noch drastische­r zu, weil da der Mietspiege­l bisher nicht gilt.

Das soll sich zum 1. Juni ändern, wenn die Mietpreisb­remse in Kraft tritt. Sie soll verhindern, dass bei Wiederverm­ietung einer Wohnung eine Miete von mehr als zehn Prozent über der ortsüblich­en Vergleichs­miete verlangt wird. Als Nachweis wird der Mietspiege­l gebraucht. Kein Wunder, dass Berliner Vermieterv­erbände ihn jetzt attackiere­n, um über diesen Umweg die Mietenbrem­se doch noch aushebeln zu können.

Der Senat muss also alles tun, um den Mietspiege­l rechtssich­er zu machen. Das kann nur mit einer bundeseinh­eitlichen Regelung funktionie­ren. Die sollte dann auch berücksich­tigen, dass die jetzige Methode, mit dem Mietspiege­l nur Mieten zu erfassen, die sich in den vergangene­n Jahren verändert haben, preistreib­end wirkt – und neue Horrorzahl­en erzeugt.

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