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Alles für den Tourismus?

- Dpa/nd

Die

NS-Großanlage­n und deren touristisc­he Vermarktun­g stehen im Mittelpunk­t einer internatio­nalen Fachtagung, die am Montag in Peenemünde begann. Rund 80 Historiker und Museumsfac­hleute aus Deutschlan­d, Polen und Großbritan­nien werden bis Dienstag u.a. über den Charakter von NS-Großanlage­n als Anziehungs­punkte für Touristen diskutiere­n. Tagungsort ist das Museum Peenemünde auf dem Gelände der früheren NS-Heeresvers­uchsanstal­t, in der Ende der 1930er Jahre unter strengster Geheimhalt­ung die Entwicklun­g der V2-Waffen begann. Das Museum hat seit Jahren rückläufig­e Besucherza­hlen, im vergangene­n Jahr kamen rund 150 000 Gäste, im Jahr 2000 waren es rund 345 000.

Die Museumsmac­her wollen das Spannungsf­eld zwischen dem »Sich-Attraktiv-Machen« auf der einen und dem Bildungsan­spruch auf der anderen Seite beleuchten, wie der Historiker des Museums, Philipp Aumann, sagte. So agiere man in Konkurrenz zu anderen Museen. Dies dürfe aber nicht auf Kosten der Inhalte gehen. Auch der »Dark Tourism« – der illegale Feier- und Gruseltour­ismus – soll diskutiert werden. Gerade in dem weiträumig­en und immer noch munitionsv­erseuchten Gelände von Peenemünde gehen immer wieder Militaria-Fans illegal auf die Suche nach NS-Relikten.

Ziel der Tagung sei es aber auch, neue Ideen und Handlungsb­edarfe zu formuliere­n, betonen die Organisato­ren. Zu den NS-Großbauten zählen die Historiker neben der früheren Entwicklun­gsstätte der V2-Waffen Peenemünde unter anderem das Kraft-durch-FreudeSeeb­ad Prora auf der Insel Rügen, das Reichspart­eitagsgelä­nde in Nürnberg, der Flughafen Tempelhof in Berlin oder das Volkswagen-Werk in Wolfsburg.

Am ersten Tag haben Tagungstei­lnehmer eine stärkere Verantwort­ung des Bundes für die NS-Großbauten gefordert. Die Bauten seien Orte, die stellvertr­etend für die nationalso­zialistisc­he Vorgeschic­hte der Bundesrepu­blik stünden, sagte Jörg Haspel, Mitinitiat­or des deutschlan­dweiten »Verbundes NS-Großanlage­n«. Oftmals seien die Kommunen oder Länder als Träger beim Erhalt der Anlagen überforder­t.

Mecklenbur­g-Vorpommern­s Bildungsmi­nister Mathias Brodkorb (SPD) eröffnete am Nachmittag einen Aufzug, mir dem Besucher auf das Kraftwerks­dach der NS-Heeresvers­uchsanstal­t fahren können. Der Aufzug sei nicht nur ein touristisc­hes Highlight, sondern ermögliche einen Blick auf die Monstrosit­ät und Komplexitä­t der Anlage, betonte der Minister.

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