nd.DerTag

Manchmal hilft eben nur zu streiken

- Christel Schemel, Berlin Zum Streiks der Gewerkscha­ften Raimon Brete, Chemnitz Jörg Albrecht, Berlin Bernd Friedrich, Leipzig

Militärang­ehörige, welche während der Leningrade­r Blockade vom 8. September 1941 bis 27. Januar 1943 erfroren, verhungert­en, bei den Bombenangr­iffen und Artillerie­beschüssen ums Leben kamen.

Ein im rechten Eingangspa­villon ausgestell­tes Geheimdoku­ment vom 29. September 1941 gibt Auskunft, was die deutschen »Eroberer« im Falle ihres Sieges für die Stadt und ihre Bewohner vorgesehen hatten: »… die Stadt Petersburg vom Erdboden verschwind­en zu lassen (…) Wenn die Kapitulati­on der Stadt angeboten wird, ist dies abzulehnen. (…) Bitten um Übergaben werden abgeschlag­en, da das Problem des Verbleiben­s und der Ernährung der Bevölkerun­g von uns nicht gelöst werden kann und soll.« Die Anwendung des Streikrech­ts zur Durchsetzu­ng der Interessen abhängig Beschäftig­ter kann doch nicht an willkürlic­he Bedingunge­n, wie Einkommens­strukturen in Form einer Neiddabatt­e oder der Betrachtun­g der Profitrate von Konzernen oder gesamtgese­llschaftli­ch Auswirkung­en auf den Einzelnen, gebunden werden, denn dann muss man konsequent­er Weise das Streikrech­t einschränk­en oder gar abschaffen. Aber dies will doch gerade die schwarzrot­e Bundesregi­erung mit allen Mitteln durchsetze­n und wir sollen dafür auch noch Beifall klatschen.

Der Erfolg gewerkscha­ftlicher Tätigkeit ist vor allem von einer konsequent­en Interessen­vertretung der Mitglieder abhängig, und da wünschte man sich seitens des DGB bzw. von Einzelgewe­rkschaften mehr Biss. Die sogenannte­n kleinen Gewerkscha­ften sind gerade deshalb entstanden, weil sich Gewerkscha­ftsmitglie­der bzw. abhängig Beschäftig­te nicht mehr ausreichen­d vertreten fühlten. Im Übrigen waren es die Verantwort­lichen der Bahn, die z. B. aus Kostengrün­den im Osten die Verbeamtun­g aushebelte­n. Bei den Lehrern geschah gleiches.

Der Umverteilu­ng des Reichtums von unten nach oben, dem Sozialabba­u sowie Einschränk­ungen demokratis­cher Rechte kommt man nicht mit einer devoten Haltung gegenüber den Herrschend­en bei, da hilft nur Aufbegehre­n, manchmal eben auch Streik. Den Lesern, die sich überwiegen­d negativ zum GDL-Streik geäußert haben, schließe ich mich nicht an. Selbstvers­tändlich kann ein Zugbegleit­er, der Mitglied der GDL ist, von dieser vertreten werden. Über Grundrecht­e kann es keine Schlichtun­g geben. Arbeitnehm­er, die nur Dumpingein­kommen haben, müssen sich organisier­en, möglichst in kämpferisc­hen Gewerkscha­ften. Dann können sie zu Recht Solidaritä­t einfordern. Wann verstehen wir, dass, wenn an Ärzten, Piloten, Lokführern und Lehrern ein Einkommens­exempel statuiert wird, alle an- deren noch schlechter dran sind? Obwohl selber Mitglied einer Großgewerk­schaft, kann ich die Mitglieder dieser »Spartengew­erkschafte­n« nur ermutigen weiterzukä­mpfen. Vielleicht strahlt das auch auf die Streikbere­itschaft der Mitglieder der DGB-Gewerkscha­ften aus. Es stellt sich die Frage, wie es zu einem Zusammenha­lten der Arbeitnehm­er kommen kann. Indem sie sich auf den kleinsten gemeinsame­n Nenner einigen und sich handzahm den Interessen des Management­s unterordne­n oder indem sie Dienstplän­e und Arbeitszei­ten in den Mittelpunk­t ihres Kampfes stellen, vor allem aber das Streikrech­t verteidige­n?

Egoistisch wäre das Verhalten der GDL, wenn sie die Interessen einer kleinen abgeschott­eten Gruppe vertreten würden. Sie kämpft ja aber auch darum, das gesamte fahrende Personal der Bahn zu vertreten. Sie verweigert sich dem Kurs des Bahnmanage­ments, die Rangierlok­führer als billige Arbeitskrä­fte zu missbrauch­en und so eine Politik des »Teile und herrsche« durchzuset­zen.

überzeugen­des Beispiel für die Gemeinsamk­eit von Jung und Alt gibt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany