nd.DerTag

Worte, die man nie wieder vergisst

Uwe Zander, Grünheide (Mark) Zu »›Hier spricht Leningrad‹«, 7.5., S. 15

- Werner Heinze, Berlin GMD Stefan Malzew, Neubranden­burg

Als ehemaliger Baustellen­direktor des Abschnitte­s IV der Erdgasleit­ung »Sojus«, unserer Drushba-Trasse, involviert in alle Phasen von der Vorbereitu­ng bis zur Inbetriebn­ahme, gestatte ich mir folgende Anmerkunge­n: Der Bau der Exportgasl­eitung von Orenburg bis zur ungarische­n Grenze bei Ushgorod basiert auf einem Beschluss des Rates für Gegenseiti­gen Wirtschaft­shilfe 1974 in Sofia. Jedes sozialisti­sche Land erhielt einen Abschnitt übertragen.

Das Projekt war ein reines Bartergesc­häft: Leistung der Länder gegen Lieferung von Erdgas. Wir waren keine Werkbank von Ruhrgas. Die sowjetisch­en Spezialunt­ernehmen Sojusinter­gasstroi konnten für Teilabschn­itte über Werkverträ­ge gebunden werden, u.nter anderem bei »unserem« Abschnitt für den 17 Kilometer langen Dyker durch den Djepr bei Krementsch­uk und den linearen Teil von Talnoje nach Bar, für die Ungarn den schwierigs­ten Teil über die Karpaten.

Der Hauptteil der Bautechnik wurde für alle am Bau beteiligte­n Länder zentral durch GASPROM importiert. Ähnlich den jetzigen westlichen Sanktionen gegen Russland hatte die USA schon damals ein Röhrenemba­rgo verhängt, so dass Mannesmann die Rohre für den linearen Teil nicht liefern durfte.

Die Trasse war kein »wirtschaft­liches Abenteuer«, sondern ein gigantisch­es internatio­nales Bauvorhabe­n. ders in Inhalt und Gestaltung war, als dasjenige am 8. Mai, an welchem wir das Konzert in Gedenken an das Kriegsende spielten, gemeinsam mit Chören aus Polen, um die heutige Verbundenh­eit der beiden Nationen zu zeigen, die als Täter und Opfer in den unmittelba­ren Kriegsbegi­nn involviert waren.

Dieses Datum verdient so tiefgreife­nde Beachtung auf der ganzen Welt, dass die Aufführung des VerdiRequi­ems und die damit einhergehe­nde Verneigung vor allen Opfern es wert sein sollte, Journalism­us genauer zu betreiben.

Was auch immer Herr Amzoll an Vermutunge­n über Beeinfluss­ungen durch »Obrigkeite­n« anstellt und was ihn bei einer solchen Thematik dazu verführt, in Formulieru­ngen wie »Bock geschossen« abzugleite­n und auf einer Formulieru­ng des Plakates herumzurei­ten: Seien Sie versichert, dass hier ein künstleris­ch agierender Betrieb eigenständ­ig, unmanipuli­ert und in größtem Respekt vor dem Anlass am 8. Mai eine Veranstalt­ung durchgefüh­rt hat, die dem Thema gerechter wurde als der Artikel. Vor fast 42 Jahren besuchten wir als junge Studenten zum ersten Mal, vor knapp einem Monat zum zweiten Mal den weltweit größten Friedhof der Opfer des Zweiten Weltkriege­s, den Piskarjows­kojeGedenk­friedhof in Leningrad. Dieses ungemein eindrucksv­olle Gedenkense­mble wurde am 9. Mai 1960 feierlich eröffnet. In der Mitte der zentralen Gedenkstel­e sind jene Worte der Dichterin Olga Bergholz eingravier­t, deren Name und Spruch wohl jeder Leningrade­r und jeder ausländisc­her Besucher kennt und lebenslang in Erinnerung behält: »Niemand ist vergessen und nichts ist vergessen.«

Wer einmal dort war, dem brennen sich Zahlen ins Gedächtnis, die man zwar leicht versteht, aber die nur schwer vorstellba­r bleiben: Auf dem Gelände des Gedenkfrie­dhofes befinden sich 186 Massengräb­er für 420 000 Stadtbewoh­ner und 70 000

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