Worte, die man nie wieder vergisst
Uwe Zander, Grünheide (Mark) Zu »›Hier spricht Leningrad‹«, 7.5., S. 15
Als ehemaliger Baustellendirektor des Abschnittes IV der Erdgasleitung »Sojus«, unserer Drushba-Trasse, involviert in alle Phasen von der Vorbereitung bis zur Inbetriebnahme, gestatte ich mir folgende Anmerkungen: Der Bau der Exportgasleitung von Orenburg bis zur ungarischen Grenze bei Ushgorod basiert auf einem Beschluss des Rates für Gegenseitigen Wirtschaftshilfe 1974 in Sofia. Jedes sozialistische Land erhielt einen Abschnitt übertragen.
Das Projekt war ein reines Bartergeschäft: Leistung der Länder gegen Lieferung von Erdgas. Wir waren keine Werkbank von Ruhrgas. Die sowjetischen Spezialunternehmen Sojusintergasstroi konnten für Teilabschnitte über Werkverträge gebunden werden, u.nter anderem bei »unserem« Abschnitt für den 17 Kilometer langen Dyker durch den Djepr bei Krementschuk und den linearen Teil von Talnoje nach Bar, für die Ungarn den schwierigsten Teil über die Karpaten.
Der Hauptteil der Bautechnik wurde für alle am Bau beteiligten Länder zentral durch GASPROM importiert. Ähnlich den jetzigen westlichen Sanktionen gegen Russland hatte die USA schon damals ein Röhrenembargo verhängt, so dass Mannesmann die Rohre für den linearen Teil nicht liefern durfte.
Die Trasse war kein »wirtschaftliches Abenteuer«, sondern ein gigantisches internationales Bauvorhaben. ders in Inhalt und Gestaltung war, als dasjenige am 8. Mai, an welchem wir das Konzert in Gedenken an das Kriegsende spielten, gemeinsam mit Chören aus Polen, um die heutige Verbundenheit der beiden Nationen zu zeigen, die als Täter und Opfer in den unmittelbaren Kriegsbeginn involviert waren.
Dieses Datum verdient so tiefgreifende Beachtung auf der ganzen Welt, dass die Aufführung des VerdiRequiems und die damit einhergehende Verneigung vor allen Opfern es wert sein sollte, Journalismus genauer zu betreiben.
Was auch immer Herr Amzoll an Vermutungen über Beeinflussungen durch »Obrigkeiten« anstellt und was ihn bei einer solchen Thematik dazu verführt, in Formulierungen wie »Bock geschossen« abzugleiten und auf einer Formulierung des Plakates herumzureiten: Seien Sie versichert, dass hier ein künstlerisch agierender Betrieb eigenständig, unmanipuliert und in größtem Respekt vor dem Anlass am 8. Mai eine Veranstaltung durchgeführt hat, die dem Thema gerechter wurde als der Artikel. Vor fast 42 Jahren besuchten wir als junge Studenten zum ersten Mal, vor knapp einem Monat zum zweiten Mal den weltweit größten Friedhof der Opfer des Zweiten Weltkrieges, den PiskarjowskojeGedenkfriedhof in Leningrad. Dieses ungemein eindrucksvolle Gedenkensemble wurde am 9. Mai 1960 feierlich eröffnet. In der Mitte der zentralen Gedenkstele sind jene Worte der Dichterin Olga Bergholz eingraviert, deren Name und Spruch wohl jeder Leningrader und jeder ausländischer Besucher kennt und lebenslang in Erinnerung behält: »Niemand ist vergessen und nichts ist vergessen.«
Wer einmal dort war, dem brennen sich Zahlen ins Gedächtnis, die man zwar leicht versteht, aber die nur schwer vorstellbar bleiben: Auf dem Gelände des Gedenkfriedhofes befinden sich 186 Massengräber für 420 000 Stadtbewohner und 70 000