Wirklicher Gewinner ist das antiquierte Wahlrecht
Zu »Freie Bahn für Cameron«, 9./10.5., S. 1
Cameron wird als »Überraschungssieger« bei den jüngsten britischen Unterhauswahlen präsentiert. Weit gefehlt! Wirklicher Gewinner ist – wie bei allen britischen Unterhauswahlen – das antiquierte schon ewig bestehende Mehrheitswahlrecht.
Der ehemalige Ministerpräsident Tony Blair hatte nach seiner Wahl 1997 eine Volksabstimmung über das Wahlsystem angekündigt, die allerdings nie stattfand.
Nach dem Mehrheitswahlrecht gewinnt in allen der 650 Wahlkreise die Partei mit den meisten Stimmen den jeweiligen Unterhaussitz. Sämtliche abgegebenen Stimmen für andere mitstreitende Parteien fallen unter den Tisch. Hinzu kommt, dass jeder Wahlkandidat einen Pfand von 500 Pfund (ca. 700 Euro) hinterlegen muss, die verloren gehen, falls der Kandidat weniger als fünf Prozent der abgegebenen Stimmen im jeweiligen Wahlkreis erzielt. Diese Praxis diskriminiert natürlich kleinere, z. B. auch linke Gruppierungen.
So auch geschehen! Camerons Tories beikamen 36,9 Prozent aller abgegebenen Stimmen, aber zugleich die absolute Mehrheit – bilden aber nunmehr tatsächlich eine Minderheitsregierung. Labour mit nur rund sechs Prozent weniger Stimmen errang 100 Unterhausmandate weniger. Die Liberalen mit acht Prozent der Stimmen gewannen nur acht Unterhaussitze. Die regionale SNP gewann in Schottland 56 Sitze mit knapp fünf Prozent der abgegebenen Stimmen.
Der Rechtsruck in Großbritannien – wie auch in ganz Europa – ist allgegenwärtig.