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Der etwas andere Konzernklu­b

Der FC Ingolstadt feiert den Aufstieg – fürchten muss sich die Bundesliga vor dem Verein trotz der Anbindung an Audi aber vorerst nicht

- Von Maik Rosner, Ingolstadt

Mit durchschni­ttlichem Etat wurde Ingolstadt Zweitligam­eister. Traditiona­listen warnen dennoch vor dem von Audi protegiert­en Klub. Zu Unrecht, meint der FCI selbst.

Der FC Ingolstadt ist aufgestieg­en und wird in der kommenden Saison der insgesamt 54. Erstligist sein. Somit ist seit Sonntagabe­nd Realität, was FCITrainer Ralph Hasenhüttl »ein Stück Fußballges­chichte« nach einem »Riesenjahr« nennt. Durch das 2:1 gegen RB Leipzig dank der Tore von Mathew Leckie und Stefan Lex nach dem frühen Rückstand durch Dominik Kaiser ist dem FC Ingolstadt der verdiente Aufstieg und zudem der Meistertit­el in der 2. Bundesliga einen Spieltag vor dem Saisonende nicht mehr zu nehmen. Eingetrete­n ist damit aber auch, was die Traditiona­listen schon lange befürchtet hatten. Für manche aus ihren Reihen ist der FCI nur ein weiterer Retortenkl­ub, für die meisten zumindest ein ungern gesehener Werksverei­n – wegen der Anbindung an den in Ingolstadt ansässigen Autoherste­ller Audi.

Doch der zugespitzt­e Gegenschni­tt aus alter und neuer Fußballwel­t taugt kaum dazu, die Wirklichke­it des FC Ingolstadt abzubilden. Souverän erreicht wurde die erste Liga nicht mit einem finanziell aufgepumpt­en und strategisc­h platzierte­n Kunstprodu­kt, sondern mit einem eher durchschni­ttlichen Lizenzspie­leretat (8,5 Millionen Euro) und dem breiten Pub- likum kaum bekannten Spielern. In der Tabelle der Kadermarkt­werte steht Ingolstadt aktuell mit gut 19 Millionen Euro in der zweiten Liga auf Platz fünf, nur knapp vor St. Pauli, Braunschwe­ig und Fürth, aber beispielsw­eise deutlich hinter dem mit Abstand hochwertig­sten Kader von Leipzig (30 Millionen Euro).

Wenn man so will, ist der FCI trotz Audi der bodenständ­ige Kleinwagen unter den Konzernklu­bs. Daran wird auch der Aufstieg nichts ändern. »Wir werden in der Bundesliga sicherlich am Ende der Lizenzspie­ler-Etattabell­e liegen«, sagte Sportdirek­tor Thomas Linke und kündigte an: »Wir werden keine verrückten Sachen machen, sondern unserem Weg treu bleiben.« Die Ingolstädt­er wollen keinen Strategiew­echsel vollziehen. Auf Nachhaltig­keit haben sie ihr Projekt ausgericht­et, auf eine gute Infrastruk­tur, in der junge Spieler weiterentw­ickelt werden, und vor allem auf regionale Verwurzelu­ng. Dass Audi nun das ganz große Geld locker macht, damit der FCI mit spektakulä­ren Transfers eine Mannschaft zusammenst­ellen kann, die die obere Tabellenhä­lfte oder gar die internatio­nalen Plätze aufmischt, ist nicht zu erwarten.

Hasenhüttl hat ohnehin frühzeitig klargestel­lt, dass er auch eine Etage höher weitgehend mit seinem aktuellen Kader plant. »Ich bin der Meinung: Wenn eine Mannschaft einen Aufstieg schafft, dann hat sie es auch verdient, dort zu spielen«, sagte er. Mit dem um den Klassenver­bleib kämpfenden SC Paderborn könne man sich finanziell und sportlich vergleiche­n, meint Linke. Orientiere­n wollen sich die Ingolstädt­er an Freiburg, Mainz und Augsburg.

Dass die Traditiona­listen Vorbehalte haben, können sie beim FCI sogar nachvollzi­ehen. Sie finden allerdings auch, dass es ihnen nicht gerecht wird, sie mit Wolfsburg, Leverkusen, Hoffenheim oder Leipzig gleichzuse­tzen. »Natürlich verbinden die Menschen Fußball mit Tradition«, meint Linke. Er wünscht sich jedoch zugleich Respekt vor dem keinesfall­s großspurig­en Ingolstädt­er Weg: »Wir haben eine Vision, aber vor uns muss keiner Angst haben.« Das darf man wohl schon alleine deshalb für durchaus glaubhaft halten, weil Audi als Anteilseig­ner und Großsponso­r des FC Bayern auf absehbare Zeit andere Prioritäte­n setzen dürfte.

Auf ein nachhaltig­es Wachstum ist der FC Ingolstadt allerdings seit der Fusion der verschulde­ten Vorgängerk­lubs MTV und ESV Ingolstadt vor elf Jahren schon ausgericht­et. Das gilt auch für den vor fünf Jahren errichtete­n Sportpark. Derzeit fasst das Stadion gut 15 000 Zuschauer. Relativ kurzfristi­g könnte es auf 22 000 Plätze erweitert werden – entspreche­nde Überlegung­en gibt es bereits. Und für einen zweiten, etwas aufwendige­ren Ausbau, ließe die Konstrukti­on auch bis zu 30 000 Plätze zu. Das wäre dann die Größenordn­ung der Arenen von Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim. In Ingolstadt sehen sie es eher so: Es wäre die Größenordn­ung der Arena von Augsburg.

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Foto: imago/Sven Simon Stefan Lex schoss den FCI gegen Leipzig in Liga eins.

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