Die neuen Brieftaschen
Smartphones verleiten zum mobilen Bezahlen
In zwei Leipziger Filialen der USKette Dunkin Donuts sind seit Dienstag Überholspuren eingerichtet. Kunden, die über eine neue App die kunterbunten Krapfen oder einen Kaffee vorbestellt und bezahlt haben, müssen die Ware nur noch an der »Fastlane« abholen. Längeres Schlangestehen soll sich damit erledigt haben. Man kann es auch anders herum sehen: Wer auf althergebrachte Weise mit Münzen oder Scheinen bezahlt, wird ausgebremst.
Es braucht aber auch solche Köder, um die Deutschen zum mobilen Bezahlen zu bewegen. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) aus dem vergangen Jahr zückten bis dato gerademal 174 000 Bundesbürger das Smartphone auf dem Weg zur Kasse. Dabei boten schon damals zahllose App-Anbieter längst die passende Software an. Dennoch prophezeit PwC, dass die Anzahl der deutschen Nutzer exponentiell steigen wird. Vor allem bei Geschäften zwischen Unternehmen gebe es Potenzial. Aber: »Dazu muss die Anwendung mehr bieten als eine reine Bezahlfunktion«, meint PwC-Experte Nikolas Beutin. »Die Einbindung von Coupons, Bonuspunkte-Systemen und anderen Mehrwertfunktionen ist ein wesentliches Merkmal auf dem Weg zur digitalen Brieftasche.«
Gerade in Deutschland mit seiner ausgeprägten Schnäppchenmentalität braucht es eben Lockangebote: Im Rahmen der Mitte April gestarteten Initiative »NFC City Berlin« winkt dem Endverbraucher eine Gutschrift von zehn Euro beim ersten Kauf per Smartphone. Rund 500 Einzelhändler und Mobilfunkfirmen haben sich hierbei zusammengetan und bieten in der Hauptstadt die Bezahlung mittels »Near Field Communication« (NFC), einem internationalen Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten per Funktechnik über kurze Strecken von wenigen Zentimetern, an.
Noch deutlich enger könnte Payback das Handy-Bezahlen mit Lockangeboten verknüpfen. Der Bonuscard-Anbieter mit rund 26 Millionen Nutzern in Deutschland will noch in diesem Jahr sein geplantes mobiles Bezahlsystem starten, auch um Apple Pay zuvorzukommen. Payback-Punktesammler sollen dann, ausgerüstet mit Smartphone und einer speziellen App, bargeldlos im Supermarkt zahlen können. Teilnehmenden Händlern verspricht die American-Express-Tochter niedrige Gebühren für die Bezahlabwicklung. Die Nutzer wiederum erhalten für die gesammelten Punkte wie bisher einen kleinen Rabatt für künftige Einkäufe.
Freilich bezahlt man dafür: mit seinen Daten. Über Bonusprogramme lernen Händler ihre Kunden besser kennen – und können so für einzelne Personengruppen zielgerichtete Werbung erstellen. Die digitale Brieftasche ist dann ein weiterer großer Schritt hin zum »gläsernen Kunden«.