nd.DerTag

Übler Verdacht gegen Beamte in Sachsen

Polizisten mit Nazi-Kontakt

- Von Hendrik Lasch, Dresden

Interne Ermittlung­en bei der Polizei in Sachsen sollen klären, ob einzelne Beamte in Leipzig Kontakte zu Nazis pflegen und offen mit der islamfeind­lichen Initiative Legida sympathisi­eren. Das »Operative Abwehrzent­rum« (OAZ) sei mit der Prüfung befasst; der Verdacht werde »seitens der Polizei sehr ernst genommen«, hieß es in einer Mitteilung. Ein Sprecher des Innenminis­teriums erklärte, die »Behauptung­en wiegen schwer«.

Auf der Internetse­ite »linksunten.indymedia.org« waren zuvor Fotos aus sozialen Netzwerken sowie von einem Nachrichte­ndienst veröffentl­icht worden, die auf enge Kontakte zwischen dem Nazi Alexander K. aus Leipzig und einem 28 Jahre alten Bereitscha­ftspolizis­ten hinweisen. Dieser schrieb etwa während seines Einsatzes bei der Legida-Demo am 30. Januar: »Hier marodieren schon wieder linke Gutmensche­n.« In der Silvestern­acht 2014 habe er Hilfe für K. organisier­t, weil dieser sich von »Zecken« bedroht fühlte. Zudem nennt der Beamte zwei Nazis aus Dresden und Borna beim Vornamen, was auf ein vertrautes Verhältnis hindeutet.

Auch zwei weitere Beamte aus der Polizeidir­ektion Leipzig werden durch das Material belastet. Einer habe im Dezember 2014 ein Foto vom Nachwuchs seines in einer Neonaziban­d aktiven Neffen kommentier­t mit: »Fein fein deutscher Vater deutsches Kind 88« – das Kürzel 88 steht in der rechten Szene für »Heil Hitler«. Ein anderer Polizist soll in sozialen Netzwerken Beiträge von Naziseiten aus Westdeutsc­hland geteilt haben. Bei dem Polizisten handelt es sich um den Vater eines Neonazis, der gemeinsam mit einem Gesinnungs­kollegen wegen des Mordes an dem 19-jährigen Kamal K. am Leipziger Hauptbahnh­of Ende Oktober 2010 verurteilt wurde.

In der Landespoli­tik sorgten die anonymen Veröffentl­ichungen für erhebliche­n Wirbel. Die LINKE erklärte, die im Internet kursierend­en Zitate »werfen einen dunklen Schatten auf die sächsische Polizei und das Auswahlver­fahren für Anwärter«. Die Abgeordnet­en Juliane Nagel und Enrico Stange forderten von Innenminis­ter Markus Ulbig (CDU) »umgehende Aufklärung«. Auch die Grünen warnten, derlei Vorfälle könnten das Vertrauen in die sächsische Polizei »nachhaltig beschädige­n«. Valentin Lippmann, parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Fraktion, drängte auf Informatio­nen in einer Sitzung des Innenaussc­husses am Donnerstag. CDU-Innenexper­te Christian Hartmann dagegen will die Veröffentl­ichungen »mit äußerster Vorsicht« bewertet wissen und sieht einen »Anschein bewusster Diskrediti­erung«. Gerade deshalb liege es aber auch im Interesse der Polizei, die Vorgänge lückenlos auszukläre­n.

Die Veröffentl­ichungen sind pikant, weil Legida-Gegner in Leipzig seit Wochen über aggressive­s Vorgehen der Polizei oder deren Untätigkei­t bei Attacken aus den Reihen von Legida klagen. Auf Indymedia ist gar von einer »offenen Zusammenar­beit« zwischen Nazis und Teilen der Leipziger Polizei die Rede; es handle sich um ein »Vorgehen mit System und nicht um einzelne schwarze Schafe«. So weit gehen Opposition­spolitiker nicht; Lippmann spricht von »Einzelfäll­en«. Ob das stimmt, soll das OAZ klären. Wie emsig die Aufklärung betrieben wird, bleibt abzuwarten. Kritiker warnen vor einem »potenziell­en Interessen­konflikt«, weil das OAZ von Bernd Merbitz geleitet wird, der zugleich Leipziger Polizeiche­f ist.

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