Freienwalde, Kurbad auf Abruf
Das Land hatte Mängel beim Marketing und Gastronomie, fehlende Betten – und die hässliche Stadtbrücke moniert
Der Landesfachbeirat für Kur- und Erholungsorte ist offenbar geneigt, Bad Freienwalde den Status als Heilbad abzuerkennen. Noch hat die Stadt eine Gnadenfrist, um an der Mängelliste zu arbeiten.
»Willkommen in der ältesten Kurstadt der Mark Brandenburg – seit 1684« – so wirbt Bad Freienwalde stolz mit seiner Tradition und seinem größten Kapital. Heilkuren auf Basis des heimischen Heilschlamms lockten einst selbst gekrönte Häupter und allerlei Prominenz in das Städtchen im Landkreis Märkisch-Oderland. Die Kurklinik ist ihr bedeutendster Arbeitgeber und Imageträger. Doch jetzt ist der Status als staatlich anerkanntes Moorheilbad nach jahrelangem Hin und Herr in akuter Gefahr.
»Der Landesfachbeirat für Kur- und Erholungsorte (LFB) hat sich in seiner Sitzung am 30. April 2015 eindeutig für die Aberkennung der staatlichen Anerkennung als Moorheilbad ausgesprochen.« So heißt es in einer erst jetzt freigegebenen kargen Mitteilung des Gesundheitsministeriums. Angesichts der Tragweite dieses Schrittes empfehle das Gremium al- lerdings, das Verfahren bis zum 30. September 2015 auszusetzen. Der Stadt solle damit die Möglichkeit gegeben werden, »den bisherigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zu korrigieren und den Rückbau der den Ort durchschneidenden Brücke der B 158 zu ermöglichen«, wird betont. Gesundheitsministerin Diana Golze (LINKE) habe die Stadt über die LFB-Empfehlung informiert und sie »um eine Stellungnahme unter anderem zur Frage des Brückenrückbaus gebeten«.
Bürgermeister Ralf Lehmann (parteilos) reagiert auf Nachfrage diplomatisch. »Ich habe für den 27. Mai alle Fraktionsvorsitzenden sowie den Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung zu einer Beratung eingeladen. Dort werden wir uns über eine Strategie verständigen.« Mehr könne er daher jetzt nicht sagen.
Bereits vor einem Jahr war dem Bürgermeister klar, dass die vermaledeite Stadtbrücke aus den 1970er Jahren der härteste Brocken in der sich anbahnenden Auseinandersetzung um den Kurbad-Status werden dürfte. Die Stadtverordnetenversammlung hatte am 13. Februar 2014 eine Zustimmung zum Rückbau der Brücke von konkreten Zusagen des Bundes zum Ausbau der Ortsumfahrung abhängig gemacht. Ein sogenannter Teilersatzneubau sollte die beeinträchtigte Standfestigkeit einstweilen sichern und hätte einen späteren Abriss doch absurd erscheinen lassen. »Ich kann nur hoffen, dass dieser Punkt nicht zum Totschlagargument wird«, hatte Ralf Lehmann damals dem »nd« gesagt. Nun scheinen sich seine Befürchtungen zu bewahrheiten. Gewiss wird das Land seine endgültige Entscheidung nicht allein am Verschwinden der Brücke festmachen. Zumal für die betroffenen Straßen der Bund zuständig ist. Und so wird die Stadt die Galgenfrist nutzen, um ihre Hausaufgaben zu machen – Hotelkapazität, Qualitätsicherung im Gastgewerbe, Lärmaktionsplan, Marketingkonzept. Und am Ende wird sie noch einmal neu rechnen müssen, was der »Brückenrückbau« heute wirklich kosten würde.