Rettungsanker für Thüringens Handwerk?
Genossenschaften könnten helfen, Betriebe zu erhalten
Erfurt. Für die in den 1990er Jahren aufgelösten Genossenschaften im Handwerk der ostdeutschen Bundesländer könnte es ein Comeback geben. »Wir könnten das Genossenschaftsmodell wieder stärker nutzen – auch, um Handwerksbetriebe zu erhalten, für die es keinen Nachfolger gibt«, sagte der Geschäftsführer des Thüringer Handwerkstages, Thomas Malcherek, der dpa. In den nächsten fünf bis zehn Jahren müssten allein in Thüringen für rund 9000 Handwerksbetriebe Nachfolger gefunden werden. Weil viele Firmengründer in den Ruhestand gingen, stehe fast ein Drittel der Handwerkerbetriebe vor einem personellen Neuanfang.
»Familieninterne Übergaben gehen stetig zurück«, stellte Malcherek fest. Früher sei etwa die Hälfte der Betriebe in der Regel an die Kinder des Meisters gegangen, heute sei es nach Schätzungen nur noch etwa ein Drittel. Ein Teil der Unternehmensnachfolger komme aus der Belegschaft der Betriebe selbst: »Man kennt sich und eine Regelung aus dem Unternehmen heraus ist nach der Weitergabe innerhalb der Familie die Nachfolgeregelung Nummer zwei.«
Sie macht laut Malcherek nach Schätzungen 15 bis 20 Prozent der Fälle aus. Der Verkauf an Investoren sei dagegen eher noch die Ausnahme in Thüringen. Bei der oft heiklen Unternehmensnachfolge gewähre ein bei der Handwerkskammer Erfurt angesiedeltes Kompetenzzentrum Unterstützung.
Malcherek zufolge könnte ein Genossenschaftsmodell quasi als Firmenverbund wieder beliebter werden. Dazu würden Gespräche geführt, auch mit dem Genossenschaftsverband. Noch stehe die Wiederbelebung des Genossenschaftsmodells, das eine lange Tradition im Handwerk habe, aber erst am Anfang. »Wir sollten verschiedene Modelle entwickeln – möglicherweise auch mit Kapitalgebern – und versuchen, sie praxistauglich zu machen«, sagte der Handwerkstags-Geschäftsführer.
Angesichts der sinkenden Einwohnerzahl in Thüringen und damit auch schrumpfender Märkte ist Malcherek nicht sicher, ob alle Betriebe einen Nachfolger finden. Die Suche sei vor allem in den ländlichen Gebieten des Freistaates schwierig. »Weniger Sorgen mache ich mir da in Erfurt, Weimar oder Jena.«
Das Thüringer Handwerk, das sich derzeit nach Angaben der drei Handwerkskammern des Freistaates in Erfurt, Gera und Suhl wirtschaftlich gut entwickelt, umfasst rund 30 000 Betriebe. Es ist mit rund 148 000 Beschäftigten einer der großen Arbeitgeber in Thüringen.