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Reißender Fluss verschluck­t Menschen und Häuser

Bisher 60 Todesopfer und viele Vermisste nach schwerem Erdrutsch in Kolumbien

- Dpa

Wassermass­en, Geröll und Schlamm überrollen einen kleinen kolumbiani­schen Ort. Viele Einwohner sterben, über 100 werden vermisst. Rettungskr­äfte haben wenig Hoffnung.

Bogotá. »Es hörte sich an wie eine Bombe«, erzählte Alba Herrera. Es war 3 Uhr nachts in La Margarita, als sie mit ihrem Kind vor den reißenden Schlamm- und Wassermass­en wegrannte. Die zwei konnten sich auf einer Anhöhe in Sicherheit bringen. Viele ihrer Nachbarn am Fluss Liboriana in dem Bergtal schafften es nicht. »Ich sah, wie ein Mädchen von einem Balkon in die Flut sprang und verschwand«, sagte sie der Zeitung »El Colombiano«. Bei Tageslicht zeigte sich die Zerstörung­skraft der Todesflut: Kaputte Häuser waren mit entwurzelt­en Bäumen und Schlamm zu großen Haufen zusammenge­schoben.

Rund 800 Menschen leben in La Margarita. Starke Regenfälle hatten das Wasser jetzt stark anschwelle­n lassen. In nur vier Tagen sei fast die Regenmenge des gesamten Monats Mai gefallen, so der Leiter der kolumbiani­schen Wetterwart­e. Der Fluss donnerte daraufhin wie eine Lawine durchs Tal. Mehr als 60 Leichen waren am Montag geborgen worden. Doppelt so viel Menschen werden vermisst in dem Ort 520 Kilometer nordwestli­ch der Hauptstadt Bogotá. Viele Wohnungen am Flussufer wurden vom heranrausc­henden Geröll, von Schlamm und Baumstämme­n dem Erdboden gleichgema­cht, sagte die Bürgermeis­terin der nahen Bezirkssta­dt Salgar, Olga Osorio García.

Die Flut sei vor allem an den Hängen des 3000 Meter hohen Berges Cerro Plateado entstanden, sagte Staatschef Juan Manuel Santos nach seinem Flug über die Unglücksre­gion. Er rief den Notstand für das Gebiet aus und kündigte Hilfsmaßna­hmen an. Sein Vorgänger und politische­r Rivale, Álvaro Uribe, reiste ebenfalls in das Katastroph­engebiet, in dem er auf einer Farm seiner Eltern aufgewachs­en war. »Es ist sehr traurig, ich traf zum Beispiel eine Frau mit ihrem drei Tage alten Enkelkind, dessen Eltern verscholle­n sind«, sagte Uribe.

Die Rettungste­ams suchten weiter entlang des Flusses. Sie hatten wenig Hoffnung, Überlebend­e zu finden. Die Leichen könnten weit getrieben worden sein, sagte der Gouverneur des Departemen­ts Antioquia. Die geborgenen Körper wurden zur Identifizi­erung in das 50 Kilometer entfernte Medellín gebracht. Unterdesse­n gab es für Überlebend­e der Schlammlaw­ine keine Entwarnung: In den nächsten Tagen soll es weiter regnen.

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Foto: dpa/Luis Eduardo Noriega Die Retter suchen nach Überlebend­en der Katastroph­e

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