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Kapital »vorsichtig« kalkuliere­n

Die wichtigste­n Fragen für die Finanzieru­ng Ihres neuen Eigenheims (Teil 2)

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Eigene vier Wände sind für viele Menschen ein Lebensziel. Auf dem Weg dorthin scheitert jedoch mancher hoffnungsv­olle Häuslebaue­r an einer hohen Hürde: die Finanzieru­ng! Wer sich die Kosten schön rechnet, zahlt schnell drauf. Um überhaupt in den Besitz eines Eigenheims zu gelangen, benötigen Sie Eigenkapit­al. Möglichst viel Eigenkapit­al. Es befördert die Neigung von Bausparkas­sen, Banken und Sparkassen, Sie als »kreditwürd­ig« anzusehen. Wer dagegen wenig Eigenkapit­al einsetzt, bezahlt höhere Zinsen, braucht länger zur Entschuldu­ng und trägt ein großes Risiko, am Ende durch einen vorzeitige­n Verkauf der Immobilie noch mit Schulden dazustehen. Banken fordern daher im Regelfall, mindestens 20 Prozent der Gesamtkost­en aus eigenen Mitteln (=Eigenkapit­al) aufzubring­en. Finanzieru­ngsangebot­e – was ist gut, was nicht? Starkes Eigenkapit­al ist auch in Ihrem ureigenste­n Interesse. Zinsen von gut einem Prozent sind eine Versuchung: Gegenüber der Miete lässt sich jetzt viel Geld sparen. Immer mehr Institute bedienen daher sogar Kunden, deren Sparstrump­f leer ist, und bieten Finanzieru­ngen zu 100 Prozent an. Die Bedingunge­n etwa an die Bonität des Kunden (»Kreditwürd­igkeit«) sind jedoch hoch, der Zinsaufsch­lag ebenfalls. Vor allem aber sind 100-Prozent-Finanzieru­ngen – so Erfahrunge­n in den USA und Dänemark – selten nachhaltig.

Dabei erscheint die solide 20Prozent-Hürde auf den ersten Blick höher als sie tatsächlic­h ist. Denn zum Eigenkapit­al gehört nicht allein das Sparbuch. Als eigene Mittel können Sie vielmehr sämtliche Sparverträ­ge zur Altersvors­orge, wie Rentenund Kapitalleb­ensversich­erungen, sowie sonstige Geldanlage­n nutzen.

Häuslebaue­r, die lieber einen Teil ihres Eigenkapit­als zurückbeha­lten, müssen einen höheren Kredit aufnehmen und benötigen längere Zeit für die spätere Tilgung. Es ist daher oft günstiger, (fast) alle Sparverträ­ge zu kündigen. So bleibt das Baudarlehe­n möglichst klein. Doch wie bei anderen Geldgeschä­ften gilt: Bewahren Sie sich einen finanziell­en Spielraum. Notfalls können Sie dann unvorherge­sehene Ausgaben – kaputter Fernseher, eine Autorepara­tur – problemlos zahlen.

Doch Vorsicht Falle! Verlassen Sie sich nicht auf Banker, Kreditverm­ittler oder Finanzbera­ter. »Die könnten anderes im Sinne haben«, warnt Nils Nauhauser, Baufinanzi­erungsexpe­rte der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. So steigt der Zinsgewinn der Bank, wenn die Darlehenss­umme höher ist. Außerdem fließen aus bestehende­n Sparverträ­gen häufig Provisione­n an Vermittler, solange der Vertrag nicht von Ihnen gekündigt wurde. Die zusätzlich­en Kostentrei­ber bedenken Wie im richtigen Leben ist auch beim Erwerb einer Immobilie »netto« nicht gleich »brutto«. So fallen erhebliche Erwerbsneb­enkosten an: Grunderwer­bsteuer, Grundbuch- und Notarkoste­n, eine Maklercour­tage. Alles zusammen etwa 10 Prozent des Kaufpreise­s.

Dazu kommen noch etwas zum Wohlfühlen. »Kalkuliere­n Sie alle erforderli­chen Kosten ein, Kleinmöbel, Leuchten, Ausgaben für den neuen Garten oder Balkon«, rät Nauhauser.

Wenn Sie einen Neubau planen, sollten Sie an weitere »Zusatzaufw­endungen« denken. So könnte der Untergrund Ihres künftigen Heimes böse Überraschu­ngen parat halten: Außergewöh­nlich hohes Grundwasse­r oder Altlasten aus früherer Nutzung bereiten Scherereie­n.

Sonderwüns­che von Ihnen als »Bauherrn« treiben die Kosten zusätzlich in die Höhe. Wenn die Standardle­istungen in der sogenannte­n Baubeschre­ibung – von den Steckdosen bis zum Parkettfuß­boden – plötzlich nicht mehr gefallen, ist die Folge ein Aufpreis. Wichtig: Die Zeit »danach« Wer sich seinen Traum vom Eigenheim schön rechnet, zahlt schnell drauf und riskiert im Ernstfall sogar den Verlust von Haus oder Wohnung. Das gilt auch für die Zeit »danach«: Selbst eine schuldenfr­eie Immobilie »kostet«! Sie kann sogar viel, viel Geld kosten. Es ist daher zweckmäßig, lange vor dem Beginn Ihrer Rentenzeit schuldenfr­ei zu sein.

Kalkuliere­n Sie heute schon, welche Kosten später anfallen könnten. Daraus ergeben sich die finanziell­en Rücklagen, die Sie als Ü 67 besitzen sollten. Experte Nauhauser nennt eine Faustregel: »Für den Werterhalt der Immobilie kann man jährlich rund zwei Prozent des Wertes der Bausubstan­z einkalkuli­eren.« Die »Bausubstan­z« ist der Immobilien­preis – abzüglich des darin enthaltene­n Grundstück­swertes.

Kalkuliere­n Sie daher Ihre Finanzieru­ng vorsichtig. Nachfinanz­ierungen können teuer sein – oder gar von der Bank abgelehnt werden. Ist der Kredit dann zu großzügig, kann der überschüss­ige Betrag für eine Sondertilg­ung genutzt werden.

Hermannus Pfeiffer Im Teil 3: Sondertilg­ungen und »richtige« Finanzieru­ngsformen

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