nd.DerTag

V-Leute beim Oktoberfes­tanschlag?

Bundesverf­assungsger­icht soll klären, ob die Regierung die Namen von Einflussag­enten im Umfeld des Attentäter­s pauschal geheim halten darf

- Von Fabian Lambeck

LINKE und Grüne klagen gemeinsam in Karlsruhe, um die Bundesregi­erung zu zwingen, die Namen von V-Männern im Umfeld des Oktoberfes­tattentats Preis zu geben.

Dieser Vorstoß könnte einen Präzedenzf­all schaffen: Die Bundestags­fraktionen der LINKEN und der Grünen reichten am Montag Organklage beim Bundesverf­assungsger­icht ein. Karlsruhe soll klären, ob die Auskunftsv­erweigerun­g der Bundesregi­erung zum Einsatz von V-Leuten rund um die Geschehnis­se beim Oktoberfes­tanschlag 1980 rechtens ist. Anlass waren zwei unabhängig voneinande­r eingereich­te Kleine Anfragen von Linksfrakt­ion und Grünen zum Attentat, bei dem der Rechtsradi­kale Gundolf Köhler als Alleintäte­r die Bombe gelegt haben soll, die 13 Menschen tötete. Dabei interessie­rten sich beide Fraktionen für den Einsatz von V-Leuten im Umfeld des Attentäter­s. Die Bundesregi­erung habe beide Anfragen »halb, gar nicht oder ungenügend beantworte­t«, kritisiert­e die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Linksfrakt­ion, Petra Sitte, am Dienstag auf einer Pressekonf­erenz von LINKEN und Grünen. Mit pauschalen Verweisen auf den »Quellensch­utz«, das »Staatswohl« und den »Schutz der Arbeitswei­se der Geheimdien­ste« habe die Regierung jegliche Auskunft zu den V-Leuten verweigert. Selbst die Zahl der in Betracht kommenden V-Leute ist Staatsgehe­imnis.

In der vom Münchener Verfassung­srechtler Matthias Bäcker ausgearbei­teten Klageschri­ft der Opposition heißt es, Staatswohl allein sei kein Argument: »In einem demokratis­chen Rechtsstaa­t kann auch die verdeckte Aufklärung­stätigkeit der Sicherheit­sbehörden nicht vollständi­g im Dunkeln bleiben.« Mit der Klage betritt man juristisch­es Neuland. »Einen Vergleichs­fall in dieser Form gibt es nicht«, räumte der Grüne Konstantin von Notz ein, der auch als Obmann im NSA-Ausschuss sitzt. Notz gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass Karlsruhe verbindlic­he Kriterien für die Geheimhalt­ung festlegen wird.

Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Grünen, Britta Haßelmann, fügte hinzu: Derzeit blocke die Regierung alles und beschwöre »konkrete Gefahren für V-Leute« durch die mögliche Aufdeckung ihrer Tätigkeit, Tatsächlic­h sind die Antworten auf Kleine Anfragen öffentlich. Somit wäre eine Nennung von Namen auch eine Enttarnung der Einflussag­enten, von denen es in der militanten Neonazisze­ne der frühen 80er Jahre nur so wimmelte. Haßelmann unterstric­h, dass eine »Gefahr für Leib und Leben 35 Jahre nach dem Anschlag« nicht mehr bestehe. Vor dem Hintergrun­d der Taten des NSU-Terrortrio­s, das auch von V-Leuten unterstütz­t wurde, sei die pauschale Geheimhalt­ung besonders fragwürdig, so Haßelmann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany