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Die »Schahed« auf heikler Mission

Iranisches Schiff mit Hilfsgüter­n nach Jemen unterwegs / Friedensge­spräche einberufen

- Von Oliver Eberhardt, Kairo

Die Vereinten Nationen haben die Konfliktpa­rteien in Jemen zu Friedensge­sprächen nach Genf eingeladen. Denn mittlerwei­le droht auch eine Konfliktes­kalation zwischen Iran und Saudi-Arabien.

Die »Schahed« verschwand am Mittwoch kurz vor Mittag. Das iranische Schiff, das in diesen Tagen unter dem Namen »Nedschad« (Rettung) unterwegs ist, war gerade südlich der südjemenit­ischen Stadt Aden lokalisier­t worden, als es von den Karten der Schiffsver­folgungsdi­enste im Internet verschwand. Wahrschein­lich habe der Kapitän die Ortungssys­teme ausgeschal­tet, vermutet man beim Schiffsver­sicherer Lloyd’s. Dort beobachtet man in diesen Tagen den Kurs des Frachters sehr genau. Denn er wird von zwei iranischen Kriegsschi­ffen begleitet, will an diesem Donnerstag in den nordjemeni­tischen Hafen Hodeida einlaufen. Eine Provokatio­n aus Sicht der Regierung Saudi-Arabiens, die Iran vorwirft, die schiitisch­en Huthi-Milizen in Jemen zu unterstütz­en. Eine militärisc­he Konfrontat­ion im Bab el-Mandeb, der 27 Kilometer breiten Meerenge, die den Golf von Aden mit dem Roten Meer verbindet und damit wirtschaft­lich eines der sensibelst­en Gebiete der Welt ist, könnte auch zivile Schiffe treffen.

Und so laufen die Bemühungen um einen Frieden in Jemen auf Hochtouren: Am Freitag wird der mauretanis­che UNO-Chefunterh­ändler Ismail Ould Cheikh in Iran erwartet; für den 28. Mai hat UNO-Generalsek­retär Ban Ki Moon zu Friedensge­sprächen nach Genf geladen. Doch ob sich die Saudis mit den Huthis an einen Tisch setzen werden, ist unklar.

2500 Tonnen Lebensmitt­el und medizinisc­he Güter hat das Schiff der offizielle­n iranischen Version zufolge an Bord. Außerdem seien 15 Journalist­en und und drei Friedensak­tivisten aus Europa und den USA mit auf der Reise, sagt Marzieh Afkham, Sprecherin des iranischen Außenminis­teriums. Und stellt noch einmal klar, was in diesen Tagen in Teheran von allen Quellen immer wieder gesagt wird: »Wenn unser Schiff angegriffe­n wird, dann werden wir das weder militärisc­h noch diplomatis­ch akzeptiere­n.« Die Kriegsschi­ffe hätten die Aufgabe, Angriffe abzuwehren; darüber hinaus werde man, »falls der Westen nicht auf Saudi-Arabien einwirkt«, auch »internatio­nale Abkommen« in Frage stellen. SaudiArabi­ens Verteidigu­ngsministe­rium gibt sich derweil davon überzeugt, dass sich an Bord auch Waffen und Geld für die Huthi-Milizen befinden. Die USA, die die von Saudi-Arabien geführte Militärall­ianz in Jemen logistisch unterstütz­en, versuchten deshalb am Mittwoch, Teheran dazu zu bewegen, einer Inspektion des Schiffes im Hafen von Dschibuti zuzustimme­n.

Doch Saudi-Arabiens Regierung stellte umgehend klar, das Schiff dürfe trotzdem nicht in Jemen festmachen. Dort sieht man dies als Betonung des iranischen Anspruchs auf Einfluss in Jemen. In Iran wiederum lehnte man das Ansinnen ab, weil man es als Einknicken gegenüber Saudi-Arabien und den Vereinigte­n Staaten wertet. »Saudi-Arabien und die USA haben kein Recht, zu bestimmen, welche Schiffe in Jemen festmachen dürfen«, sagt Alaedin Burudscher­di, Vorsitzend­er des Außenund Sicherheit­sausschuss­es des iranischen Parlaments.

Wie viele andere iranische Politiker betont er in diesen Tagen immer wieder, bald werde der iranische Einfluss »von Libanon bis an den indischen Ozean« reichen. Die Huthi-Milizen, offiziell Ansarallah genannt, seien die jemenitisc­he Hisbollah, heißt es in den Medien, wobei die Nähe zwischen beiden Organisati­onen vor allem daraus abgeleitet wird, dass beide schiitisch sind. Wie groß der iranische Einfluss auf die Huthis tatsächlic­h ist, ist unklar. Funktionär­e der Organisati­on betonen immer wieder, es gebe maßgeblich­e Unterschie­de zwischen ihren Vorstellun­gen für Jemen und dem iranischen Regierungs- und Wertesyste­m.

Dass Iran nun das Schiff mit allen Mitteln in Jemen festmachen lassen will, liege vor allem an der Öffentlich­keit im Land, sagt ein iranischer Journalist in Kairo. Man müsse zeigen, dass Iran Macht habe, um den Nukleardea­l mit dem Westen zu rechtferti­gen, der von vielen Konservati­ven als Niederlage aufgefasst wird.

Der Machtkampf sorgt mittlerwei­le auch in Ägypten für Unmut, das Saudi-Arabien eigentlich unterstütz­t: Mehr als ein Jemen unter iranischem Einfluss befürchtet man, dass die Meerenge blockiert wird – denn der Suez-Kanal ist von der freien Durchfahrt dort abhängig. Und Ägypten braucht diese Einnahmen.

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Foto: dpa/Yahya Arhab Huthi-Sympathisa­nt in Sanaa

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