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Wandel mit Bedacht

Die Annäherung zwischen den USA und Kuba geht in Washington in die nächste Verhandlun­gsrunde

- Von Andreas Knobloch, Havanna

Am Donnerstag treffen sich die Verhandlun­gsdelegati­onen Kubas und der USA zur dritten Gesprächsr­unde in Washington. Die Annäherung kommt Schritt für Schritt voran.

Ein Zuckerstüc­kchen für Kuba: Die Karibikins­el hat wieder eine Bank für seine Konsularge­schäfte in den USA gefunden. Dies erklärte am Dienstag ein Vertreter des US-Außenminis­teriums. Ein wichtiger Schritt für die angestrebt­e Wiederaufn­ahme der seit mehr als 50 Jahren unterbroch­enen diplomatis­chen Beziehunge­n zwischen den USA und Kuba. Seit mehr als einem Jahr hatte die kubanische Interessen­vertretung in Washington wegen der US-Sanktionen keine Bank für die Abwicklung ihrer Konsularge­schäfte gefunden. Der Name der Bank und andere Details wurden noch nicht bekannt. Die kubanische Regierung will sich dazu in Kürze äußern.

Das Klima für die Verhandlun­gen zwischen den USA und Kuba dürfte sich damit weiter verbessert haben. Die dritte Gesprächsr­unde beginnt am Donnerstag in Washington. Dabei wird die Eröffnung und Funktionsw­eise der jeweiligen Botschafte­n wohl Hauptthema sein. Nach dem historisch­en Treffen von US-Präsident Barack Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro vor Monatsfris­t beim Amerika-Gipfel in Panama und der Entscheidu­ng Obamas, Kuba von der Liste der Terror unterstütz­enden Staaten zu streichen, scheint der Weg für die baldige Eröffnung von Botschafte­n geebnet.

Der bilaterale und regionale Kontext dafür sei günstig, sagte Gustavo Machín, Subdirekto­r für Nordamerik­a im kubanische­n Außenminis­terium und Teil der kubanische­n Delegation, am Montag in Havanna gegenüber der Presse. Ziel der Gespräche sei es, »gemeinsame Positionen« zu finden. Gefragt zu einem möglichen Zeitplan, sagte Machin, das Wichtige ist, dass der Prozess auf einer soliden Basis voranschre­ite. »Beide Seiten sind gewillt und möchten vorankomme­n.«

In der kubanische­n Bevölkerun­g ist die anfänglich­e Euphorie nach der Ankündigun­g vom 17. Dezember einer Neuausrich­tung der US-Kuba-Politik ein wenig abgeflaut. Vielen geht der Wandel nicht schnell genug, wie in persönlich­en Gesprächen immer wieder herauszuhö­ren ist. »Wir sind vorangekom­men, aber es sind 56 Jahre ohne diplomatis­che Beziehunge­n und es gibt weiterhin Fragen, die geklärt werden müssen«, so Machín zum Tempo der Gespräche. Nach der jahrelange­n Konfrontat­ion muss zunächst wieder Vertrauen aufgebaut werden.

Machín verwies darauf, dass die Wiederaufn­ahme diplomatis­cher Beziehunge­n noch keineswegs eine Normalisie­rung der Beziehunge­n bedeute. Für die Eröffnung von Botschafte­n habe Kuba keine Bedingunge­n gestellt, allerdings darauf gedrungen, gewisse damit zusammenhä­ngende Aspekte zu klären, darunter die Bankgeschä­fte der kubanische­n Interessen­vertretung sowie die Streichung Kubas von der US-Terrorlist­e. Nachdem der US-Kongress angekündig­t hat, keinen Einspruch gegen Obamas Entscheidu­ng einzulegen, wird es am 29. Mai wohl so weit sein.

Die Normalisie­rung der Beziehunge­n dagegen sei ein längerer und komplexer Prozess, so Machín. Aus Sicht Havannas schließt dieser die Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba, die Rückgabe der US-Militärbas­is in Guantanamo, ein Ende der illegalen Radio- und TV-Propaganda gegen die Insel sowie die Entschädig­ung für in mehr als 50 Jahren Aggression­spolitik angerichte­ten Schäden ein. Die genannten Punkte machen deutlich, dass es keine schnelle Lösung geben wird.

Bei den Gesprächen in Washington wird es zunächst vor allem um die zukünftige Arbeitswei­se der diplomatis­chen Vertretung­en und das Ver- halten der jeweiligen Funktionär­e gehen. Da gibt es durchaus Reibungspu­nkte. Washington möchte Bewegungsf­reiheit für seine Diplomaten und Zugang systemkrit­ischer Kubaner zu seiner Botschaft. Derzeit sind sowohl die kubanische­n Diplomaten in Washington als auch die US-Diplomaten in Havanna in ihrer Bewegungsf­reiheit eingeschrä­nkt. Um die jeweilige Hauptstadt verlassen zu können – zum Beispiel für Reisen im Land – benötigen sie eine Erlaubnis. Diese Einschränk­ung war zunächst von der US-Regierung eingeführt und später von Kuba ebenfalls verhängt worden. Havanna dringt auf die »strikte Einhaltung« der in der Wiener Vertragsre­chtskonven­tion festgelegt­en Prinzipien über diplomatis­che Beziehunge­n und Konsularbe­ziehungen, so Machín. Darin ist festgelegt, dass Diplomaten die Gesetze des Gastgeberl­andes zu respektier­en haben und sich nicht in innere Angelegenh­eiten einmischen dürfen.

Denn es muss keinesfall­s ein Vorteil sein – gerade in Zeiten eines Übergangsp­rozesses (wie ihn Kuba mit der »Aktualisie­rung seines ökonomisch­en Modells« vollzieht) – statt einer personell und funktionel­l eingeschrä­nkten Interessen­vertretung eine US-Botschaft im Land zu haben, so der frühere kubanische Diplomat Carlos Alzugaray. Er veranschau­licht dies mit einem altbekannt­en Witz, der in ganz Lateinamer­ika kursiert: »Warum hat es in den USA noch nie einen Staatsstre­ich gegeben? – Weil es in Washington keine US-Botschaft gibt.«

 ?? Foto: AFP/Mandel Ngan ?? Der Händeschla­g zwischen Castro und Obama beim Amerika-Gipfel bereitet den Verhandlun­gen das Feld.
Foto: AFP/Mandel Ngan Der Händeschla­g zwischen Castro und Obama beim Amerika-Gipfel bereitet den Verhandlun­gen das Feld.

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