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Wohnungen bleiben Mangelware

Der Neubau zieht an, doch das Angebot für Wohnungssu­chende ist überschaub­ar

- Von Bernd Kammer

Wer in Berlin eine neue Wohnung sucht, hat es schwer: Weniger als zwei Prozent der Quartiere stehen leer.

Der Neubau von Wohnungen in Berlin kommt in Fahrt. Die Mitgliedsu­nternehmen des Verbandes BerlinBran­denburgisc­her Wohnungsun­ternehmen (BBU), zu denen die städtische­n Wohnungsba­ugesellsch­aften sowie Genossensc­haften gehören, stellten im vergangene­n Jahr 840 Wohnungen fertig, doppelt so viele wie noch im Jahr zuvor. Für dieses Jahr rechnet BBU-Vorstand Maren Kern mit einer weiteren Verdoppelu­ng dieser Zahl. Für die nächsten zehn Jahre peilen die BBU-Unternehme­n, die mit 700 000 Wohnungen etwa 40 Prozent des Berliner Bestandes bewirtscha­ften, den Bau von 50 000 neuen Mietwohnun­gen an.

Der Neubauboom ist laut Kern auch dafür verantwort­lich, dass erstmals seit zehn Jahren die Zahl der leerstehen­den Wohnungen kaum geschrumpf­t ist. Derzeit liegt die Leerstands­quote bei den BBU-Mitglieder­n bei 1,9 Prozent, vor zehn Jahren waren es noch 5,5 Prozent. Das zeigt aber auch, dass Wohnungen weiter Mangelware sind. Nur noch 12 800 BBUWohnung­en sind nicht vermietet, zumeist, weil sie gerade modernisie­rt werden oder wegen Lage oder Zustand nicht zu vermieten sind.

In Friedrichs­hain und Köpenick sind faktisch alle Wohnungen vergeben, die Leerstands­quote liegt bei 0,9 Prozent. Damit sind hier bereits Münchner (0,8) oder Hamburger (0,9) Verhältnis­se erreicht. Am ehesten kann man noch in Schöneberg, Zehlendorf und Spandau eine Wohnung ergattern, wo noch etwas mehr als drei Prozent der Wohnungen leer stehen. Wer also seine Bleibe wech- seln will oder muss, hat es schwer. Die Umzugsrate ging von 6,3 auf 6,1 Prozent zurück. Vor zehn Jahren lag sie noch bei 9,4 Prozent, also fast jeder zehnte Mieter zog 2004 um. »Wer eine gute Wohnung gefunden hat, gibt sie so schnell nicht mehr auf«, so Kern. In Mitte oder Kreuzberg würden die Mieter etwa 22 Jahre in ihren Wohnungen bleiben, ansonsten etwa 16.

Ein geringes Angebot und steigende Nachfrage verteuert die Preise. Der Mieter einer BBU-Wohnung zahlte Ende 2014 im Schnitt 5,43 Euro netto/kalt pro Quadratmet­er, 15 Cent mehr als ein Jahr zuvor. Damit muss er allerdings 41 Cent weniger berappen als der Berliner Durchschni­ttsmieter, der nach dem am Montag vorgestell­ten Berliner Mietspiege­l durchschni­ttlich 5,84 Euro pro Quadratmet­er zahlt. In einer 60 Quadratmet­er großen BBU-Wohnung würde man damit um 300 Euro günstiger wohnen als im Berliner Durchschni­tt. »Wir schöpfen die Spielräume für Mieterhöhu­ngen nicht aus«, so Kern.

Und das könnten sie noch viel besser tun, wenn die Baukosten nicht so steigen würden. Einschließ­lich Grundstück­s legten sie binnen fünf Jahren um rund 500 auf 2630 Euro pro Quadratmet­er zu. Das entspreche einer Miete von elf Euro pro Quadratmet­er, 2,50 Euro mehr als 2009. Kern macht dafür vor allem gestiegene Baulandpre­ise und staatliche Auflagen, etwa für Dämmung, verantwort­lich. Ihre zweite Sorge sind Bürgerinit­iativen, die sich gegen Bauprojekt­e stellen, und erst recht das Bündnis für einen Mietenvolk­sentscheid. Die dort geforderte Umwandlung der Wohnungsba­ugesellsch­aften in Anstalten öffentlich­en Rechts würde die Gesellscha­ften in ihrer eigentlich­en Arbeit behindern, »preiswerte­n Wohnraum zur Verfügung zustellen«, so Kern. »Das wäre wie eine Neubaubrem­se.«

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Foto: imago/Lars Reimann Es werden wieder mehr Wohnungen gebaut, die werden allerdings auch immer teurer.

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