nd.DerTag

Lachen befreit vom Faschismus

- Andreas Fritsche über Karikature­n mit ertrinkend­en Flüchtling­en

Wer kein grober, herzloser Klotz ist und im Fernsehen die überfüllte­n Flüchtling­sboote im Mittelmeer sieht oder die am Strand aufgereiht­en Leichen der Ertrunkene­n, der kann sich sicher nicht vorstellen, wie dazu ein Witz gemacht werden könnte, der nicht peinlich ist. Beim Betrachten der Karikature­n zur Asylpoliti­k, die jetzt in der Landeszent­rale für politische Bildung in Potsdam präsentier­t werden, erkennt man aber auf den ersten Blick: Es geht doch. Kunst ist hier Waffe gegen eine verfehlte Asylpoliti­k und gegen den Stammtisch, an dem schenkelkl­opfend ein ausländerf­eindlicher Spruch hergesagt und ungerührt ein Bier gezischt wird, während im Fernsehen bedauernsw­erte Menschen gezeigt werden, die in Lebensgefa­hr schwebten oder gestorben sind.

Man darf und soll, man muss die Neonazis auslachen, die Klaus Stuttmann in eine Karikatur hineinzeic­hnete, in der Kanzlerin Merkel mit einem Schild mit der Aufschrift »Der Islam gehört zu Deutschlan­d!« vorbeiläuf­t. »Das geht zu weit«, schreit einer der Nazis. »Ich fühle mich auf eklatante Weise in meinen nationalis­tischen, rassistisc­hen und fremdenfei­ndlichen Gefühlen verletzt.« Ich lache mich tot darüber.

Lachen befreit, denn es nimmt die Angst. Lachen ist Widerstand, ist eine Form der Befreiung vom Faschismus. Gern lache ich über die Nazis, die anscheinen­d zu dumm waren, ein geplantes Asylheim in Zossen richtig anzuzünden. Das ist mir allemal lieber, als von der Angst vor solchen Taten und solchen Tätern gelähmt zu werden. Bedauerlic­h ist, dass Faschisten keinen Spaß und keine gute Karikatur verstehen. Deswegen vergeht mir am Ende beinahe doch noch das Lachen.

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