Hilfe kassiert und nichts repariert
Niedersachsens Rechnungshof moniert Verzicht auf Verwendungsnachweise für Fluthilfe
Nach dem Hochwasser 2013 bekamen Bauern in Niedersachsen vom Land insgesamt 16 Millionen Euro zum Ausgleich von Flutschäden. Das Geld floss, ohne dass immer dessen Verwendung überprüft wurde.
Leicht hätten listige Bauern das Land Niedersachsen nach dem Hochwasser, das dort vor zwei Jahren mehr als 20 000 Hektar landwirtschaftliche Flächen überspülte, beschummeln können. Etwa so: Wasserschaden am Schweinestall melden, Fluthilfe kassieren, mit dem Geld aber nicht die Borstenvieh-Behausung reparieren lassen, sondern einen schönen Urlaub auf den Malediven finanzieren.
Ein fiktiver Fall, aber möglich wäre er gewesen, denn: Für Schäden an Wirtschaftsgütern, etwa an Gebäuden oder Maschinen, reichte es aus, wenn die Landwirte einen Kostenvoranschlag oder ein Gutachten zu den erforderlichen Aufwendungen einreichten. Ob sie das erhaltene Geld dann auch tatsächlich für den Schadensausgleich verwendeten, mussten die Empfänger nicht nachweisen. Das hat jetzt der niedersächsische Landesrechnungshof in seinem Bericht zur Haushalts- und Wirtschaftsführung der rot-grünen Landesregierung in Hannover moniert. Um zu zeigen, wie berechtigt ihr Argwohn war, hatten die Prüfer Kontrollen vorgenommen. Sie hatten Bauern besucht und geguckt, ob das Landesgeld zweckbestimmt ausgegeben worden war.
Was sie bei zwei Visiten feststellten, schildern die Kontrolleure ihrem aktuellen Bericht, der auch viele andere Ausgabepositionen ver- schiedener Ministerien unter die Lupe nimmt. So wollten sich die Beauftragten des Rechnungshofes bei einem Bauern im November 2014 davon überzeugen, dass er die von ihm aufgeführten Hochwasserschäden an Hofeinfahrt und Scheunendach behoben hat. Dafür hatte der Mann 11 200 Euro kassiert. Doch weder das eine noch das andere war instand gesetzt worden.
Ein anderer Landwirt hatte gemeldet, die große Siloplatte, auf der er Gärfutter lagert, sei vom Hochwasser unterspült und so arg demoliert worden, dass sie ersetzt werden müsse. Ein Kostenvoranschlag und ein Gutachten unterstützten sein Begehr, und schon beschied das Land: In diesem Fall sind 70 000 Euro zuwendungsfähig. Auch auf diesem Bauernhof sahen sich die Prüfer im November vergangenen Jahres um und stellten fest, »dass der Landwirt die beschädigte Platte rund 17 Monate nach dem Hochwasser weiterhin zur Lagerung von Silage verwendete«.
Nun mahnt der Rechnungshof: Wenn das Agrarministerium wieder mal Fluthilfen gewährt, möge es von den Geldempfängern Verwendungsnachweise fordern. Die Prüfer warnen vor einem »Mitnahmeeffekt«, den solche – offensichtlich unschwer zu bekommenden – finanziellen Unterstützungen auslösen können.
Auch andere Bundesländer, in denen das Hochwasser 2013 schlimme Schäden anrichtete, zahlten Fluthilfe an die Landwirtschaft in ihrem Raum. Sachsen-Anhalt beispielsweise knapp 58 Millionen Euro, Thüringen bislang rund elf Millionen, Brandenburg laut Medienberichten 19 Millionen Euro.