Skizzen einer Stadtwerdung
Ausstellung zeigt Leipzigs Ursprünge vor 1000 Jahren
Leipzig feiert sich selbst: Vor 1000 Jahren wurde die Stadt zum ersten Mal erwähnt. Was über die ersten Jahrhunderte des Ortes bekannt ist, zeigt eine neue Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum.
Leipzig. Einem Zufall ist es zu verdanken, dass Leipzig in diesem Jahr seine 1000-jährige Geschichte feiert. Niemand konnte vorhersehen, dass der Meißner Bischof Eid während einer Reise »in urbe Libzi vocata« verstarb, wie der Chronist Bischof Thietmar von Merseburg für den 20. Dezember 1015 notierte. Die Erwähnung des Ortes, mit dem wohl eine Burgsiedlung gemeint war, ist Ausgangspunkt einer Sonderausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum zum Jubiläumsjahr. »1015. Leipzig von Anfang an« ist der Titel der Schau, die ab Mittwoch bis zum 25. Oktober für Besucher geöffnet ist. Im Studio ist zudem ergänzend eine Sonderausstellung zur 850jährigen Geschichte der Nikolaikirche zu sehen.
Die Ausstellung zum 1000. Stadtjubiläum biete zum ersten Mal eine »umfassende Würdigung der alten Geschichte unserer Stadt«, meint Museumsdirektor Volker Rodekamp. Sie zeige die ersten Spuren auf, die die Grundlage für Leipzig als späteres Handels- und Messezentrum und »als einer Stadt europäischer Geltung« legten. Die Ausstellung, die sich über eine Zeitraum von insgesamt 500 Jahren spannt, beginnt mit dem wohl wichtigsten und wertvollsten Exponat: Einer Abschrift der Chronik Thietmars von Merseburg aus dem 14. Jahrhundert, einer Leihgabe aus der Königlichen Bibliothek von Belgien. Das Original, das in Dresden aufbewahrte Dokument, wurde bei den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört.
Ein weiteres Schlüsselzeugnis Leipzigs ist der Stadtbrief des Marktgrafen Ottos des Reichen. Er begründete im Bereich südlich der Nikolaikirche zwischen 1156 und 1170 eine »civitas« (Stadt), in dem er das Areal »zur Bebauung austeilte« und den Bewohnern Stadtrecht verlieh.
Doch solche schriftlichen Dokumente bilden die Ausnahme. Daher stützt sich die Schau vor allem auf mehr als 200 Ausgrabungen, die in den vergangenen 25 Jahren im Leipziger Stadtkern vorgenommen wurden. Diese offenbarten nicht nur reich verzierte Keramik, das einstige Marktpflaster oder Überbleibsel aus Latrinen und von Handwerksbetrieben. Anhand von Befestigungen konnten die Archäologen auch früheste Siedlungsspuren nachweisen. Großformatige Karten geben dem Besucher einen Eindruck davon, auf welchem Areal ursprünglich Bauten gestanden haben könnten.
Einen großen Teil nimmt in der Ausstellung die Geschichte der Kir-
Die Schau stützt sich vor allem auf mehr als 200 Ausgrabungen der letzten 25 Jahre.
chen ein, die sowohl das Stadtbild als auch Kultur und Gesellschaft von frühester Zeit an prägten. Die Stadtgeschichte sei »gerade in der frühen Zeit auch Kirchengeschichte«, erklärt Kuratorin Maike Günther. Dass dies für Leipzig auch noch weit über das Mittelalter hinaus galt, wird auch in der Ausstellung deutlich. Schließlich war es die Kirche, in der die Friedensgebete in den 1980er Jahren stattfanden, aus denen die Montagsdemonstrationen hervorgingen. Diesem wichtigen historischen Ereignis ist ein eigener Teil in der Studioausstellung gewidmet.