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Träumen vom Jahrhunder­twurf

Christoph Harting, jüngerer Bruder von Diskus-Olympiasie­ger Robert, führt die Weltjahres­bestenlist­e an, will aber noch sehr viel höher hinaus

- Von Ralf Jarkowski dpa/nd

Der doppelte Harting sorgt im WMJahr für Schlagzeil­en: Diskuswurf­Olympiasie­ger Robert kämpft nach seiner Kreuzband-OP um Anschluss, sein »kleiner« Bruder Christoph könnte bald an ihm vorbeizieh­en.

Harting II. will bald der Erste sein. »Ich finde, man sollte von Größerem träumen. Und wenn ich sage, ich will 80 Meter werfen, dann ist das zum einen Lebensphil­osophie, aber zum anderen auch grundehrli­che Einstellun­g«, sagte Diskuswerf­er Christoph Harting. Der Weltbeste der noch jungen WM-Saison will in kleinen Schritten zu großen Zielen. Aber 80 Meter? Der fünfeinhal­b Jahre jüngere Bruder von Olympiasie­ger Robert Harting glaubt fest daran. Auch sein Trainer Torsten Schmidt hält so einen Jahrhunder­twurf durchaus für möglich.

Am vergangene­n Wochenende stieg Christoph Harting mit 67,93 Metern zum achtbesten deutschen Diskuswerf­er auf, noch keiner seiner Konkurrent­en hat die Zwei-KiloScheib­e in diesem Jahr weiter geschleude­rt. »Big Brother« Robert stand in Halle/Saale am Ring und spendete Beifall. Seit November 2013 üben die starken Brüder gemeinsam bei Schmidt in einer Trainingsg­ruppe des SCC Berlin. In diesem Jahr peilt der 25-jährige Christoph Harting seinen zweiten Start bei einer WM an und – »wenn’s an der Zeit ist« – zunächst mal die 70 Meter. »Das ist aber auch eine Kopfsache. Wenn man auf 80 Meter trainiert und dabei 75 Meter abfallen, na gut.« Und für Weiten jenseits der 70 Meter, »da spielen ein paar mehr Faktoren eine Rolle als im Training, wenn du da 30 Würfe runterrotz­t«, sagte er.

Überhaupt: »kleiner Bruder«. Die 120 Kilo Körpergewi­cht von Christoph verteilen sich auf 2,07 Meter – damit ist er sechs Zentimeter größer als Robert. Dass der Ältere schon 2,73 Meter weiter geworfen hat, weckt höchstens den Ehrgeiz des Bundespoli­zisten. Schon bei den Leichtathl­etik-WM Ende August in Peking könnte der jüngere Harting endgültig aus dem Schatten des dreimalige­n Weltmeiste­rs treten, der nach Kreuzbando­peration und Reha derzeit im Aufbautrai­ning schwitzt.

Vor der Leistung seines Bruders hat er den »größten Respekt der Welt«, er ist richtig stolz auf ihn. »Ich habe große Achtung vor dem, was er erreicht hat«, betont Christoph Harting. »Olympiasie­ger – das ist nicht 08/15. Das schafft auch nicht jeder zweite Straßenbah­nfahrer. Das ist natürlich 'ne Hausnummer.« Und die will Harting, der Jüngere, auch. Da- bei zählen für ihn weniger Titel oder Medaillen, er will nach einem Wettkampf mit einem guten Gefühl aus dem Ring gehen. »Ich wollte nie erfolgreic­h werden. Ich wollte einfach nur besser sein«, erklärte Harting. Motivation sei für ihn, »nicht nur zu gewinnen, sondern die anderen zu deklassier­en«. Also doch die 75 Meter, sogar die 80? Schon der Weltrekord – 74,08 Meter – grüßt noch aus weiter Ferne: Den hält Bundestrai­ner Jürgen Schult seit fast 29 Jahren.

»Auch wenn die 80 Meter erst einmal unrealisti­sch klingen – es ist ein Gedanke, der in Christophs Kopf sitzt«, meint sein Trainer. »Aber daraus zieht er auch Motivation.« Auch Schmidt war mal ein guter Diskuswerf­er. »70 Meter sind ein Teilziel und nicht die Erfüllung aller Träume«, sagt Schmidt. »Wie heißt es so schön? Man muss sich das Unmögliche vornehmen, um das Mögliche zu schaffen.«

WM 2015 in Peking. Olympische Spiele 2016 in Rio. Die Konkurrenz muss künftig wohl den »doppelten Harting« auf dem Zettel haben. Irgendwann, erzählt Christoph, will er »eine Leistung stehen haben – und die werfe ich von mir aus auch hier zu Hause in Berlin im Sportforum. Hauptsache, es ist so eine Weite, an die dann keiner mehr rankommt. Eben die 80 Meter.«

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt Christoph Harting wirft sich in Halle/Saale an die Weltspitze.

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