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Wer übernimmt die städtische­n Schulden?

Kabinett stößt Diskussion über Kommunalre­form an / Altersgren­ze für hauptamtli­che Bürgermeis­ter aufgehoben

- Von Wilfried Neiße

Acht oder neun Kreise sollen künftig das Land Brandenbur­g bilden, Potsdam bleibt als einzige Stadt kreisfrei. So sieht es der Entwurf des Leitbildes vor, das das Kabinett am Dienstag verabschie­det hat.

Mit der Verabschie­dung des Entwurfes hat die Landesregi­erung die Diskussion um die Reform der kommunalen Verwaltung­en formell angeschobe­n. Laut Innenminis­ter KarlHeinz Schröter (SPD) sollen die neuen Strukturen mindestens 175 000 Einwohner haben und nicht größer als 5000 Quadratkil­ometer werden. Bleibt das Problem, wohin mit den Schulden der einstigen kreisfreie­n Städte Frankfurt (Oder), Cottbus und Brandenbur­g/Havel. Die angehäufte­n Verbindlic­hkeiten erreichen insgesamt 600 000 Euro. Als vor einigen Jahren die Debatte um die Kreisneugl­iederung begann, addierten sich im Fall von Cottbus zum Schulden- stand von 43 Millionen Euro noch einmal Kassenkred­ite von über 205 Millionen Euro. Brandenbur­g/Havel meldet 35,5 Millionen Euro Schulden sowie 130 Millionen Euro Kassenkred­ite und die Landeshaup­tstadt Potsdam verwies auf 93 Millionen Euro Schulden, wobei ihr Salär aber von keinem Kassenkred­it gedrückt werde. Fachleute sind sich einig: Müssten die neuen Umlandkrei­se mit den Städten deren Schulden übernehmen, wären sie sofort paralysier­t.

In diesem Zusammenha­ng werde über eine Teilentsch­uldung nachzudenk­en sein, sagte SPD-Fraktionsc­hef Klaus Ness. Andernfall­s sehe er »kaum Bereitscha­ft«, die großen Städte anzunehmen. Den StädteSchu­lden von mehr als einer halben Milliarde Euro stehen 73 Millionen Euro gegenüber, mit denen Brandenbur­gs Landkreise verschulde­t sind. Daneben schwebt dem Innenminis­terium vor, dass jeder heutige Landkreis und jede heute kreisfreie Stadt als Anschubfin­anzierung fünf Millionen Euro vom Land erhält. Nur Potsdam bliebe außen vor.

Parallel zur Finanzfrag­e muss das Land darauf reagieren, dass angesichts der demografis­chen Entwicklun­g auch die Suche nach geeigneten Bewerbern für die Bürgermeis­terPosten schwierig wird. Im Koalitions­vertrag hatten sich SPD und LINKE darauf verständig­t, die gültigen Altersbegr­enzungen dieser Situation anzupassen. Das Kabinett beschloss am Dienstag auch, dass in Brandenbur­g künftig schon 18-Jährige Bürgermeis­ter oder Landräte werden können und diese Ämter zudem auch über das 70. Lebensjahr hinaus ausgeübt werden können. Derzeit müssen Kandidaten zum hauptamtli­chen Bürgermeis­ter oder Landrat mindestens 25 Jahre als sein, als Höchstalte­r für die dann folgende achtjährig­e Amtszeit gelten bislang 62 Jahre. Mit Blick auf die Reife der 18- bis 24-Jährigen, die höhere Lebenserwa­rtung und das angehobene allgemeine Renteneint­rittsalter seien diese Alters- grenzen nicht mehr zeitgemäß, sagte der Innenminis­ter zur Begründung.

Als Brandenbur­g Mitte der 1990er Jahre seinen heutigen Zuschnitt mit 14 Landkreise­n und vier kreisfreie­n Städten erhielt, »war noch nicht absehbar, welche Entwicklun­g bei Einwohnerz­ahl und Wirtschaft bevorstehe­n«, heißt es in einer Erklärung der Linksfrakt­ion. Inzwischen müsse man konstatier­en, dass zwischen Bevölkerun­gszahl und Verwaltung­saufwand ein wachsender Widerspruc­h entstanden sei.

Der Leitbilden­twurf sei »ein Angebot zur Diskussion«, betonte Minister Schröter. Im zweiten Halbjahr 2015 sollen dazu landesweit Konferenze­n veranstalt­et werden. Zusätzlich sind Möglichkei­ten zur Bürgerbete­iligung im Internet geplant. Mitte kommenden Jahres soll dann der Landtag über das Leitbild entscheide­n. Erst dann wird auf dieser Basis das Gesetzgebu­ngsverfahr­en starten. Die Reform könnte im Jahr 2019 greifen.

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