Anleger riefen Polizei
Eklat bei Hauptversammlung der Windkraftfirma PNE
Das Aktionärstreffen eines Windanlagenbauers geriet zum Wirtschaftskrimi. Die Ermittler sehen eine heikle Lagerbildung in dem Unternehmen.
Stundenlang zog sich am Mittwochnachmittag die Hauptversammlung des Windparkprojektierers PNE in Cuxhaven. Nach Medienberichten war es bei der Versammlung zu tumultartigen Szenen gekommen. Der Vorstand brach die Sitzung kurz nach Mitternacht ab, ohne ein Abstimmungsergebnis zu verkünden. Am Ende stellte die von Anwesenden gerufene Polizei Datenträger sicher.
Nach dem Eklat auf dem Aktionärstreffen spricht die Staatsanwaltschaft von einer verworrenen Lage. »Wir müssen erst mal sehen, ob überhaupt eine Straftat vorliegt«, sagte Oberstaatsanwalt Burkhard Vonnahme am Donnerstag in Stade. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Urkundenunterdrückung. »Es gibt unterschiedliche Lager in der Firma«, sagte Vonnahme. »Wir müssen aufpassen, dass wir nicht instrumentalisiert werden.«
Das Unternehmen mit rund 200 Mitarbeitern, das Windparkprojekte an Land sowie auf See plant und realisiert, war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. 16 Prozent der Anteile gehören Vorstand und Aufsichtsrat, der Rest ist in Streubesitz. Die Aktie büßte am Donnerstag zeitweise gut zehn Prozent ein und notierte auf ihrem niedrigsten Wert seit rund zweieinhalb Jahren.
Hintergrund der Querelen ist offenbar ein interner Machtkampf zwischen der Unternehmensführung sowie dem Großaktionär Volker Friedrichsen, der im Aufsichtsrat sitzt. Der gelernte Banker hatte 1990 den Grundstein für die Unternehmensgruppe WKN aus Husum gelegt, die 2013 mehrheitlich von der PNE übernommen wurde, wobei Manager Friedrichsen zum Teil mit Aktien bezahlt wurde. Ende 2014 hatte PNE mitgeteilt, dass die Gruppe Friedrichsen eine Mandatsniederlegung nahelege. Der Vorwurf: Er könne wegen noch ungeklärter Schadensersatzansprüche gegen ihn im Zusammenhang mit dem womöglich überteuerten WKN-Kauf sein Amt nicht mehr objektiv führen. Die Vertrauensprobleme gipfelten Anfang Mai in einer Mitteilung, wonach der Aufsichtsrat für die Hauptversammlung vorgeschlagen hat, neben Friedrichsen auch die mit ihm verbündeten Kontrolleure Astrid Zielke und Peter Baron von le Fort abzuberufen.
Laut »Handelsblatt« ist Friedrichsen überzeugt, dass Vorstandschef Martin Billhardt und Aufsichtsratschef Dieter Kuprian zulasten von PNE Wind gemeinsame Sache machten. Bei den Polizeiermittlungen gehe es auch um die Frage, ob das Management die Hauptversammlung künstlich in die Länge gezogen habe, um ein unliebsames Abstimmungsergebnis nicht veröffentlichen zu müssen. Für den im Raum stehenden Straftatbestand der Urkundenunterdrückung drohen Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
Im vergangenen Jahr war PNE in die roten Zahlen gerutscht. Während der Umsatz um rund die Hälfte auf 211 Millionen Euro stieg, standen unter dem Strich 13 Millionen Euro Verlust, nachdem 2013 noch 41 Millionen Euro Gewinn zusammengekommen waren. PNE erklärte, 2013 habe der Verkauf von Hochsee-Windkraftprojekten für einen rund 45 Millionen Euro hohen Einmaleffekt gesorgt und 2014 hätten unerwartete Abschreibungen auf jene Tochter WKN »im größeren einstelligen Millionenbereich« zu Buche geschlagen. Wegen des Verlusts sollte für 2014 keine Dividende ausgeschüttet werden. Die Hauptversammlung sollte dies beschließen – wozu es wegen der Vertagung aber nicht mehr kam.