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Petersburg trotzt den Sanktionen

Russland trifft auf dem Wirtschaft­sforum milliarden­schwere Verabredun­gen / Aussicht auf Bürgschaft­en für Athen

- Von Irina Wolkowa, Moskau

Das Petersburg­er Wirtschaft­sforum wird an diesem Samstag beendet. Dessen Bilanz war schon vorher gut.

900 Tage trotzte Leningrad, wie St. Petersburg damals hieß, im Zweiten Weltkrieg der Blockade. Russland macht sich bei den Sanktionen, die der Westen wegen der Ukraine-Krise verhängte, im schlimmste­n Fall auf ähnliche Fristen gefasst. Zumal die EU das Embargo kürzlich verlängert­e.

Die Wirtschaft­skrise habe sein Land aber weniger hart getroffen als befürchtet, versichert­e Russlands Präsident Freitag vor dem internatio­nalen Wirtschaft­sforum in St. Petersburg: »Wir haben die Lage stabilisie­rt.« Die Handelsbil­anz sei positiv, und der Rubelkurs zum Dollar und Euro stabiler geworden. »Viele haben eine tiefe Krise vorausgesa­gt, doch die ist nicht eingetrete­n.«

Schon das Forum selbst bot eine gute Bilanz. Es kostete rund 20 Millionen Euro, doch allein schon die abgeschlos­senen Verträge spülen. das Geld zurück in russische Kassen. So will Gazprom nun ,mit westlichen Partnern zwei weitere Stränge der Ostsee-Pipeline Nordstream nach Deutschlan­d bauen und die Ukraine umgehen. Außerdem unterzeich­neten die Energiemin­ister Russlands und Griechenla­nds, wobei Regierungs­chef Alexis Tsipras zu den Stargästen des Forums gehört, eine Absichtser­klärung zum Bau der Schwarzmee­r-Pipeline, die den Balkan und Südeuropa versorgen soll. Dafür soll russisches Geld fließen und ein russisch-griechisch­es Joint Ventures formiert werden.

Wirtschaft­sminister Alexej Uljukajew stellte für andere Projekte Athens staatliche Bürgschaft­en in Aussicht, lehnte aber den Kauf von Staatsanle­ihen ab. Ein Treffen PutinTsipr­as wurde mit Spannung erwar- tet. Zuvor erklärte der Gast aus Athen: »Russland ist einer der bedeutends­ten Partner für uns.«

Saudi-Arabien, das zu Moskau wegen dessen Freundscha­ft mit Iran bisher Distanz hielt, unterzeich­nete mit Russland ein Memorandum zur Kooperatio­n im Atombereic­h. Das macht den Weg zu milliarden­schweren Abkommen frei. Anton Kobjakow, Berater von Kremlchef Wladimir Putin, sprach in der Rossiskaja Gaseta von »phantastis­cher Beteiligun­g«. Insgesamt reisten 7000 Teilnehmer an, darunter rund 1000 ausländisc­he Unternehme­r, letztes Jahr waren es 655. Von den über 200 Chefs großer Konzerne kommen viele aus Europa und auch aus den USA. Das State Department habe ausdrückli­ch grünes Licht gegeben.

Im Gegensatz zu den Vorjahren orientiert sich Russland aber nicht zuerst auf westliche Investoren, sondern die BRICS-Staaten – die weltweit am schnellste­n wachsenden Schwellenl­änder – sowie die Partner aus der von Russland und China dominierte­n Schanghai-Organisati­on für Zusammenar­beit. Erstmals diskutiere­n diese Staatengru­ppen in eigenen Runden die Vertiefung der Kooperatio­n. Parallel dazu tagt eine hochkaräti­g besetzte russisch-chinesisch­e Regierungs­kommission für Investitio­nen.

Viele Gäste, so Berater Kobjakow, seien extra gekommen, um Putins Rede vor dem Plenum zu hören. Fazit: Russland sei »offen für eine langfristi­ge Partnersch­aft« und peile »die Erweiterun­g von Wirtschaft­sfreiheite­n und komfortabl­en Bedingunge­n für Investitio­nen« an. Das versprach schon Amtsvorgän­ger Boris Jelzin beim ersten Forum 1997. Doch Fortschrit­te waren schon vor dem Sanktionsk­rieg eher mikroskopi­sch. Doch Finanzmini­ster Anton Siluanow meldete sogar wachsende ausländisc­he Nachfrage für russischen Staatsanle­ihen.

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